Mitten in der Region:In Bayern gehen die Uhren anders

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Wer will schon in der Früh etwas sehen? Niemand, der nicht alle drei Murmeln in der Birne hat. Deshalb sollte nicht die Sommerzeit abgeschafft werden, sondern die Winterzeit

Von Thomas Daller

Am Sonntag ist es wieder so weit, dann werden die Uhren auf Winterzeit umgestellt. Aus dem fernen Berlin lesen wir, dass eine Initiative von Abgeordneten derzeit Oberwasser hat und diese Umstellung abschaffen will. Das Hin und Her mit der Zeitumstellung sei sinnlos, der Beitrag zum Energiesparen falle kaum ins Gewicht. Laut einer Forsa-Unfrage für eine Krankenkasse denken drei von vier Bundesbürgern ähnlich. Jeder vierte gab sogar an, durch die Umstellung gesundheitliche Probleme zu haben - von Schlafstörungen bis hin zu depressiven Verstimmungen. Erstmals hält die Mehrheit eine Abschaffung der Zeitumstellung für realistisch.

Dass man die Zeitumstellung abschaffen könnte, geht völlig in Ordnung, aber welcher Mensch, der seine drei Murmeln in der Rübe beisammen hat, will denn ganzjährig die Winterzeit? Wenn man eine Zeitperiode abschaffen sollte, dann die Winterzeit, und dafür die Sommerzeit ganzjährig einführen. An die alten Uhus unter uns: Als Kind hatte man doch bis 1980 die A . . .-Karte. Immer hieß es in den Sommerferien, wenn es dunkel wird, kommst du heim. Und um 20 Uhr war es dann schon zappenduster. Man konnte dann auch nicht mehr viel Draußen unternehmen, weil man auf dem Bolzplatz nichts mehr sah und über jeden Maulwurfshügel stolperte.

Und für die Erwachsenen sah es damals auch finster aus: Dieses dolce far niente abends in den Straßencafés oder Biergärten hat sich erst nach 1980 langsam entwickelt, in den Jahrzehnten davor wurden auch im Sommer um 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt. Und das wollen drei von vier Bundesbürgern wiederhaben, damit man nicht mehr zweimal im Jahr umstellen muss. Bloß weil die Winterzeit als "Normalzeit" bezeichnet wird? Dabei böte sich mit der Abschaffung der Zeitumstellung die historische Chance, auch im Winter eine Stunde länger Licht zu haben. Denn ernsthaft: Wer braucht morgens eine Stunde früher Licht? Wenn wir grummelnd aus dem Bett steigen, wollen wir sowieso erst mal niemanden sehen. Lieber soll es im Sommer abends eine Stunde länger hell sein. Eine Stunde? Besser gleich zwei. Gemütlich mit Freunden bei einer Flasche Wein im Garten sitzen, die Kinder könnten noch zwei Stunden länger draußen herumtoben und gingen dann auch mal hundemüde brav ins Bett. Das wäre eine super Zeit.

Also: Nicht die Abschaffung der Sommerzeit und eine dauerhafte "Normalzeit", sondern die Einführung der Superzeit ist überfällig. Zur Not auch ohne Berlin, als bayerische biergartenfreundliche Supersonderzeitzone (BBSZ). Wenn die CSU darauf anspringt, können sie mit Fug und Recht sagen: In Bayern gehen die Uhren anders.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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