Mein Lied:"Astro del ciel"

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Filippo Logi hat als Kind "Stille Nacht" auf italienisch gesungen

Von Alexandra Leuthner

Bis zur Heiligabendausgabe schlagen wir jeden Tag eine Seite in den Gesangsbüchern von Landkreisbürgern auf, die uns ihr Lieblings-Weihnachtslied verraten.

In Italien feiert man Weihnachten ein bisschen anders als bei uns, traditionell finden sich die Familien am frühen Morgen des 25. Dezember zur Bescherung zusammen, nachdem man den Vorabend mit der mitternächtlichen Messe beendet hat. Letzteres gilt selbst fürs traditionell kommunistische Livorno an der toskanischen Mittelmeerküste, wo Filippo Logi () seine Kindheit verbracht hat. Danach aber, erzählt der heute 50-Jährige, drehe sich am Weihnachtstag alles um Vorspeisen, Hauptspeisen, Nachspeisen, und das immer in mehreren Gängen und aufgetischt für mindestens drei Generationen. "Primi, Secondi, Dolci, dazu guten Wein, schönes Geschirr", schwärmt Logi, wenn er an seine Kindheit zurückdenkt. "Wir haben nicht gesungen, aber immer viel gegessen. "

Und doch hat der Toskaniner, der in Pisa und Kalifornien studiert hat, bevor er Anfang der 2000er nach München kam und inzwischen mit seiner Frau, einer Gautingerin, und seinen zwei Söhnen in Vaterstetten zu Hause ist, die Erinnerung an einen Weihnachtsliedklassiker mit in die Welt genommen. Lange überlegen muss er nicht, nach seinem Lieblingslied befragt: "Astro del ciel" ist es - nichts anderes als die italienische Version von "Stille Nacht".

Als das am häufigsten übersetzte Weihnachtslied weltweit hat das Stück eines österreichischen Hilfspfarrers auch Eingang in die italienische Sprache gefunden. Unrühmlicherweise sei es in der Nazizeit gewesen, dass ein italienischer Geistlicher das deutsche Volkslied übersetzt habe, dessen italienischer Titel so viel wie "Himmelsstern" bedeutet. "Aber von dieser Geschichte haben wir als Kinder natürlich nichts gewusst", sagt Logi. Für ihn sei die Melodie mit der Kirche verbunden - und unauslöschlich verknüpft mit dem Geruch von Weihrauch. Messdiener sei er gewesen, erzählt er, und habe jahrelang die Abende der Adventswochen in der Kirche verbracht. Die Gewänder des Priesters im vorweihnachtlichen Violett, das Weiß der Messdiener hat er immer noch vor Augen.

Neben Kirche, Weihrauch und Essen sei vor allem die Krippe an Weihnachten im Vordergrund gestanden, viel mehr als der Christbaum. Jeden Tag hätten er und seine drei Geschwister die kleinen Figuren ein Stückchen weiter gerückt, damit sie rechtzeitig beim Jesuskind ankamen. "Das Bauen der Krippe war eine große Sache", erzählt Logi, "wir sind in den Wald gegangen und haben Moos geholt; da war sogar ein Wasserfall und mein Bruder, ein kleiner Elektrotechniker, hat alles beleuchtet." Wenn Logi heute in Vaterstetten mit seiner Familie Weihnachten feiert, kommt nicht "Astro del ciel" sondern Stille Nacht und andere deutsche Weihnachtslieder aus den Boxen. Auch die Beziehung zur Kirche hat er verloren. Nicht aber die Erinnerung an Weihnachten, Weihrauch - und stundenlanges Essen.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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