Kunst für den guten Ruf:Schön statt praktisch

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Poing ruft Künstler zur Umgestaltung des öffentlichen Raums auf. Bei der Langen Nacht der Kunst sollen sie unter dem Motto "Street Art, Urban Art, Land Art" zeigen, wie das aussehen könnte

Von Wieland Bögel, Poing

Es gibt Dinge, die wird man einfach nicht mehr los. So mancher trägt noch in gesetztem Alter schwer an dem albernen Spitznamen aus Schülerzeiten. Oder es wird einem ewig ein irgendwann einmal flapsig dahingesagter Spruch nachgetragen. So geht es der Gemeinde Poing, von der vor Jahren behauptet wurde, sie sei zwar "nicht schön, aber praktisch". Die Anlehnung an ein zeitgenössisches Bonmot des damaligen Berliner Bürgermeisters war sicher nicht ganz zufällig - auch wenn jenes aus der großen Stadt vielleicht ein bisschen cooler geklungen haben mag.

Nun aber will Poing nicht länger nur praktisch sein, sondern der Schönheit eine Chance geben. Wobei es in der Gemeinde durchaus schöne Ecken gibt, zumindest in den Augen ihrer Bewohner. Andere üben sich dagegen in Spott - auch in dieser Zeitung. Stand da doch vor nicht allzu langer Zeit zu lesen, dass ein Fenstersprung aus Poings meist einstöckigen Häusern, ausgelöst durch Monotonie und Trostlosigkeit, zumindest nicht allzu weh tut.

Ganz praktisch jedenfalls gehen die Poinger nun ihr neues Projekt zur Ortsverschönerung an, das im Zuge der diesjährigen "Langen Nacht der Kunst" im Herbst stattfinden soll. Sie steht unter dem Motto "Street Art, Urban Art, Land Art". Nun - Straßen gibt es überall in Poing, Land sowieso, und wenn man den Begriff "urban" nicht ganz so eng nimmt und als Synonym für bebaute Grundstücke gelten lässt, hat die Gemeinde auch davon reichlich. In der Einladung an potenzielle Künstler heißt es ausdrücklich: "Der öffentliche Raum in Poing, seine Straßen, Plätze und Grünanlagen, bietet vielfältige Möglichkeiten, sich künstlerisch auseinanderzusetzen." Ja "jeder Stein und jeder Baum sind (...) potenzielles Kunstwerk" - nicht nur ein praktischer, sondern ein praxisbetonter Ansatz also. Das Gemeindeinventar könne "verhüllt, umstickt, kommentiert oder zweckentfremdet" werden, schlägt die Verwaltung vor. Die Künstler werden ermutigt, "Skulpturen, Objektkunst und Malerei, Graffiti und Aktionskunst, Video, Laser oder Licht" zu präsentieren. Allerdings mit einer fett gedruckten Ausnahme: "Keine Sachbeschädigung und keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung!"

Potenzielle Street-Artists können sich einige Tage vor Anmeldeschluss für die Kunstnacht bei der VHS über "Urban Art - Street Art" informieren. Bei einem Vortrag - der unpraktischerweise nicht in Poing, sondern in Vaterstetten stattfindet - geht es auch um die Frage "Reiner Vandalismus oder modernste künstlerische Ausdrucksweise?" Aber natürlich soll auch ganz Grundsätzliches geklärt werden: "Was ist Street-Art überhaupt?" Vielleicht bekommt dabei der eine oder andere Lust, es selbst zu versuchen. Und da kommt die Poinger Kunstnacht wie gerufen, die so zeitversetzt stattfindet, dass die Künstler davor noch zum Üben kommen - praktischer geht es doch eigentlich gar nicht mehr.

Der Vortrag der VHS-Vaterstetten zum Thema Street Art findet am Donnerstag, 19. April, um 19 Uhr in der Baldhamer Straße 39 in Vaterstetten statt. Anmeldung bis zum 12. April unter www.vhs-vaterstetten.de, die Kursnummer ist F3310. Wer bei der langen Nacht der Kunst in Poing am 22. September mitmachen will, kann sich dafür noch bis zum 30. April unter kultur@poing.de oder telefonisch unter (08121) 97 94-125 anmelden.

© SZ vom 04.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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