Kommentar:Unter Druck

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Der Ausbau der Kitas wird auch in den kommenden Jahren eine Aufgabe für die Kommunen bleiben

Von Anja Blum

Ein maßgeschneidertes Kinderbetreuungsangebot auf die Beine zu stellen, ist fürwahr kein leichtes Unterfangen. Schließlich braucht es dafür eine fast hellseherische Planung, viel Geld, Engagement, passende Grundstücke und willige Träger. Und fest steht auch, dass man es nicht jedem recht machen kann, auch von den Eltern ist Kompromissbereitschaft gefragt.

Doch bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten der Kommunen: Eine Größenordnung von 180 fehlenden Krippenplätzen - das ist zu viel. Das sind nicht nur ein paar wenige Familien, die auf eine bilinguale Einrichtung bestehen oder auf keinen Fall zwei Kilometer weiter zur Kita fahren wollen. Nein, das ist eine große Summe aus Einzelschicksalen, dahinter stehen viele Frauen, die ihre Lebensplanung umwerfen müssen. Die darum möglicherweise ihren Job nicht wieder antreten können, weil sie keine Betreuung für den Nachwuchs haben. Denn die Großeltern, die sind in Zeiten flexibler Lebensläufe oftmals keine Option.

Einigermaßen unverständlich ist der Mangel an Plätzen auch, weil doch eigentlich klar sein dürfte, dass der Trend nur eine Richtung kennt, nämlich: nach oben. Selbst wenn die Zahl der Geburten stabil bliebe - die Betreuungsquote steigt. Und wird es auch weiter tun. Schließlich können Familien ihr Leben nur noch selten mit einem Gehalt bestreiten - gerade in einem teuren Landkreis wie dem Ebersberger. 31 Prozent betreute Kleinkinder erscheinen vor diesem Hintergrund geradezu verwunderlich wenig. Von der Entwicklung betroffen sind besonders die Gemeinden an den beiden S-Bahnlinien, denn dorthin ziehen Pendler natürlich besonders gerne. Und wann treibt es die Familien aufs Land? Sicher nicht, wenn die Kinder schon in Schule und Vereinen fest verwurzelt sind. Meist überlegen sich junge Paare bereits dann, wo sie künftig wohnen wollen, wenn der erste Nachwuchs sich ankündigt.

Das bedeutet: Ein Zuviel an Kinderbetreuung kann es in der Wachstumsregion nicht geben. In diesem Punkt mit angezogener Handbremse in die Zukunft zu fahren, wäre unverantwortlich. Zumal zur Problematik der Krippen ja noch jene der Horte kommt. Auch für ihre Grundschulkinder brauchen berufstätige Eltern schließlich eine geeignete Einrichtung. Und das kann bedeuten, dass weder Ganztagsklasse noch Mittagsbetreuung infrage kommen - sei es, weil sie nicht lange genug geöffnet haben oder weil sie kein Ferienprogramm bieten. Hortplätze allerdings sind vielerorts Mangelware. Einen Rechtsanspruch darauf gibt es ja auch noch nicht. Sollte der Druck indes weiter steigen, könnte das bald anders aussehen.

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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