Kommentar:Überschätztes Spielzeug

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Drohnen sind kein Teufelszeug, ein paar Grundregeln sollte es für ihre Benutzung aber geben

Von Victor Sattler

Wie pflanzen sich eigentlich Drohnen fort? Hier ist eine Idee: Jedes Jahr im Dezember erkennen die Modell-Quadrokopter die Duftstoffe, die aus nelkenbespickten Orangen und bärtigen Räuchermännchen ausströmen. Mit jeder angezündeten Kerze auf dem Adventskranz fliegen mehr Drohnen in ihre Geburtskolonie zurück, wo sie sich in kastengetreuer Arbeitsteilung neue Kollegen bauen, denen die Drohnenkönigin eine intelligente Festplatte einsetzt. Pünktlich zu Weihnachten ist die Drohnenpopulation hierzulande dann wieder um mindestens 100 000 gestiegen, so Zahlen der Deutschen Flugsicherung.

Diese kleine Gruselgeschichte ist frei erfunden, führt aber ins Herz der Absurdität um die Drohnen-Debatte. Große Angst bewegt sich heutzutage in diffusen Schwärmen um die Themen Automatisierung, Überwachung und Roboterethik herum, die alle in die Kontroverse hineinspielen. Dabei sind Intelligenz und Verantwortung allein beim Drohnenhalter zu suchen.

Der psychologische "Uncanny Valley"-Effekt beschreibt, dass viele Menschen großes Unbehagen verspüren bei Dingen, die sich in einem Zwiespalt zwischen natürlich und künstlich befinden. Eine Drohne bewegt sich auch mal so unkoordiniert und zuckt so menschlich wie der Finger am Steuerknüppel. Das macht sie aber noch zu keinen gesetzesflüchtigen Kreaturen mit Eigenleben wie etwa Alfred Hitchcocks Vögel.

Jedes Mal, wenn Technologien den geschützten Raum der angewandten Wissenschaft verlassen und in unseren Lifestyle transzendieren - wenn elektrischer Strom nicht mehr bloß in der Physiotherapie, sondern auch bei Fitnessmuffeln durch die Muskeln gejagt wird, oder wenn "Social Freezing" nicht mehr bloß Chemotherapie-Patientinnen, sondern auch vielversprechenden Facebook-Mitarbeiterinnen nahegelegt wird - jedes Mal scheint dann die Gefahr eines ethischen Dammbruchs groß, nach dem einem das Wasser bis zum Hals stehen könnte. Auch Drohnen sind einem wenig spaßigen Lebensbereich entsprungen: Dem umstrittenen militärischen Einsatz. Diese verschwommene Grenze zum Elektronikspielzeug unterm Weihnachtsbaum lässt sich gut für Panikmache ausschlachten.

Indem mit den Drohnen-Kritikern und -Fanatikern die Fantasie durchgeht - wenn also die ersten den Teufel an die Wand malen, während die zweiten Videos davon posten, wie sie ihre Drohne eine Pistole tragen und abfeuern lassen -, befruchten sie nur jeweils die Angst des anderen Lagers. Ein Modellflug ist etwas schönes, sportliches, das nicht in Kreise getrieben werden sollte, die die Regelungen aus Trotz missachten. Information und Aufklärung, auch für Fachfremde, müssen deshalb mit der neuen Regelung einhergehen: Die Drohnen-Befürworter betonen zwar gern, was die Drohne alles Nützliches kann, aber für einen klaren Blick und einen fachlichen Diskurs ist es auch wichtig festzuhalten, - Achtung, langweilig! - was sie alles nicht kann.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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