Kommentar:Überflüssig und unklug

Lesezeit: 2 min

Das Gutachten zur Kostensteigerung beim Elkofener Kanal hätte sich das Grafinger Rathaus sparen können - nicht nur aus finanziellen Gründen

Von Thorsten Rienth

Als Bürgermeisterin Angelika Obermayr kürzlich Post vom Kommunalen Planungsverband bekam, wird sie sich darüber gefreut haben. Die Gutachter, die Klarheit in die 740 000 Euro-Kostensteigerung um den Elkofener Kanalbau bringen sollten, gaben der Bürgermeisterin Recht: Niemand hat geschlampt, gepfuscht oder geschlafen. Grafing hatte schlicht Pech, und zwar im Wortsinne. Unter der Straße fanden Bauarbeiter alten, pechhaltigen Asphalt. Und dessen Entsorgung war kostspielig. Alles gut für die Bürgermeisterin? Mitnichten. Das Gutachten war technisch überflüssig und politisch unklug.

Überflüssig, weil es an der Nachvollziehbarkeit der städtischen Sondermüll-Darstellung nie Zweifel gegeben hatte. Was vor 50 oder 60 Jahren alles unter Straßen verscharrt wurde, weiß heute niemand mehr. Und so manches einst gängige Baumaterial fällt inzwischen unter die Kategorie Sondermüll. Wer darauf stößt muss es teuer entsorgen. Das ist ärgerlich, kann aber, wie im Fall Elkofen, bisweilen passieren. Das Restrisiko gehört zum kleinen Kanalbau-Einmaleins.

Unklug war das Gutachten, weil es einmal mehr an ein fragwürdiges System im Grafinger Rathaus erinnert: Obermayrs viel beschworene neue Offenheit gilt nur so lange, wie sie dem positiven Image der Stadtverwaltung dient. Drohen kritische Nachfragen, werden Debatten ins Nichtöffentliche geschoben - selbst wenn es, wie jetzt beim Elkofener Kanal, plausible Antworten gibt. Und die Liste der Heimlichtuereien ist mittlerweile lang:

Die einstigen Pläne um die Flüchtlingsunterkunft in Schammach hielt das Rathaus nach Kräften zurück, genauso die Steuerstundungen für zwei Grafinger Firmen. Von den Sicherheitsbohrungen im Wasserschutzgebiet wollte es am liebsten überhaupt nichts erzählen. Gleiches gilt für die 100 000 Euro, mit denen die Verwaltung einst ein Defizit der katholischen Kitas zur Hälfte übernehmen wollte. Auch bei der Rekommunalisierung der Stromnetze druckste Grafing herum, obwohl es überhaupt nichts zum Herumdrucksen gab.

An der Causa Elkofen ist für Obermayr eine weitere Sache unangenehm: Der Beschluss für das Gutachten lässt sich als Misstrauensvotum ihrer eigenen Leute interpretieren. Inzwischen sickerte verlässlich durch, dass Obermayrs Lager aus Grünen und SPD mit für die Überprüfung stimmte. Ausgerechnet bei der CSU, die sonst um keine Attacke gegen die Bürgermeisterin verlegen ist, schüttelte man den Kopf. Die 4000 Euro für das Gutachten seien anderswo sinnvoller verwendet. Sämtliche Darstellungen der Rathauschefin seien rundum stichhaltig. Mithören konnten die Grafinger diese Debatte nicht. Auch sie lief unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Hinweis der Redaktion: In der Zeitungsversion wurde der vorletzte Absatz gekürzt, wobei uns ein redaktioneller Fehler unterlief. In der Online Version steht dieser Absatz nun ungekürzt.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: