Kommentar:Schwäche des Betriebs

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Angelika Kratzer ist das Gesicht des Ebersberger Kulturkreises. Nach 30 Jahren nun gibt sie ihr Ehrenamt auf. Dass damit der ganze Verein verschwindet, ist eine Schwäche des Kulturbetriebs, denn es braucht immer die ganz besondere Leidenschaft, um ganz Besonderes zu schaffen.

Von Anja Blum

Wer Angelika Kratzer auch nur ein bisschen kennt, weiß: Leicht fällt ihr das nicht. So sehr liebt sie Sprache und Musik, so viel unbändige Energie hat sie und einen so unverwüstlichen Humor, dass sie den Kulturkreis 30 Jahre lang am Leben gehalten hat, trotz vieler Widrigkeiten. Sie hat ihn gegründet und bis heute geleitet, man kann sagen: Angelika Kratzer ist der Ebersberger Kulturkreis.

Dass sie ihr ehrenamtliches Engagement nun beendet, ist freilich sehr schade. Denn trotz des ohnehin großen kulturellen Angebots in der Kreisstadt waren die Veranstaltungen des Kulturkreises immer wieder eine Bereicherung. Sei es im Großen - wie mit der "Night of the Proms" mit den Münchner Symphonikern im Klosterbauhof - oder im Kleinen - wie mit zahllosen exquisiten Lesungen im Alten Kino. Dass Kratzer sich nie dem Mainstream beugen wollte, kann man ihr freilich als Starrköpfigkeit auslegen. Oder aber auch als Standfestigkeit achten, als einen unverbrüchlichen Treueschwur gegenüber der hohen Kunst.

Doch nichtsdestoweniger ist Kratzers Rückzug verständlich. So viele Kämpfe hat sie mittlerweile ausgefochten, sich so viele Sorgen gemacht, so viele Enttäuschungen erlebt - "irgendwann ist einfach mal gut", sagt die 72-Jährige. Irgendwann ist auch bei Menschen wie ihr das Maß einmal voll. Zumal, wenn zum Ärger rund ums Ehrenamt noch private Sorgen hinzu kommen.

Dass nun mit der Vorsitzenden der ganze Verein von Ebersbergs Bühne verschwindet, verdeutlicht jedoch mal wieder eine empfindliche Schwäche des Kulturbetriebs: Nämlich, dass viele Veranstaltungsreihen oder Projekte an manchmal nur einer einzigen Person hängen. Ambitioniertes gelingt meist nur dann, wenn es jemanden gibt, der sich mit all seiner Kraft und Leidenschaft hineinwirft. Der tatsächlich keine Mühen scheut. Und dem es gelingt, andere mitzureißen. Angelika Kratzer hat all dies 30 Jahre lang getan. Wie es ihr künftig ohne den Kulturkreis gehen wird, steht in den Sternen. Ein Buch schreiben würde sie gerne, sagt sie. Dem Publikum bleibt nur, dankbar zu sein - und ihr ganz viel Glück für die Zukunft zu wünschen.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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