Kommentar:Notwendiger Schritt

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Auch wenn derzeit keine Flüchtlinge mehr kommen, ist die Traglufthalle bitter nötig, weil noch viel zu viele Menschen dicht an dicht ohne ein Minimum an Privatsphäre in Turnhallen schlafen müssen

Von Alexandra Leuthner

Keine zusätzlichen Flüchtlinge im April, verkündete die Regierung von Oberbayern vor kurzem. Die Lage entspannt sich also etwas für Helfer und Kommunen - wenn auch der Beigeschmack der Nachricht bitter ist. Die Hilfe für die Schutzsuchenden überlassen wir jetzt anderen, die sich, weit weg von uns, mit dem täglichen Elend auseinandersetzen müssen.

Aber nun geht in Pliening die erste Ebersberger Traglufthalle in Betrieb. Jetzt erst, werden die einen sagen, wo doch seit Monaten die Turnhallen belegt sind. Jetzt noch, jammern die anderen, wo doch ein Schlupfloch nach dem anderen geschlossen wird, um die Menschenströme nach Europa zu stoppen. Muss das jetzt noch sein?

Ja, es muss sein. Denn vermutlich werden sich die Menschen andere Fluchtwege suchen, solange in Syrien Bomben fallen und der Kontinent Afrika an Hunger leidet. Es muss auch sein, weil immer noch 800 Menschen im Landkreis in Turnhallen schlafen, Stockbett an Stockbett. In der Traglufthalle haben sie wenigstens ein Minimum an Privatsphäre, Raum für einen Spind, ein wenig Bewegungsfreiheit - etwas mehr Menschenwürde. Dass die Schulturnhallen ihrerseits eine andere Zweckbestimmung haben, ist selbstverständlich. So geht es also nicht weiter. Doch schwierig genug war es wohl, solche Lösungen zu finden wie die Hallen in Pliening und Grub. Das zeigt der Blick auf die vielen Appelle des Landrats der vergangenen zwölf Monate. Vielleicht hätte er die Gemeinden ja stärker in die Pflicht nehmen können. So war es in Pliening neben dem sicher unbestreitbaren Willen zu helfen auch die Angst, eines Tages die Schulturnhalle hergeben zu müssen, die dem Gemeinderat die Entscheidung leichter machte. Doch es war eine gute Entscheidung, eine anerkennenswerte, zumal es auch in Pliening Menschen gibt, die die Halle lieber los hätten, bevor die Flüchtlinge eingezogen sind. Aber das sind jene, die keinen schalen Beigeschmack haben bei der Nachricht vom Monatsanfang.

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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