Kommentar:Neue Zeiten

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Ursachenforschung Bandcontest: Die Zahl junger Musiker mag rückläufig sein, doch geht es vor allem darum, sie zu erreichen.

Von Konstantin Schätz

Es ist doch noch gar nicht so lange her, da schienen junge Bands an allen Ecken aus dem Boden zu schießen, nachdem sie sich in Kellern oder Garagen gefunden hatten. In einer Zeit vor der Heavy-Rotation weichgespülter Plastiksongs, als noch das Hämmern harter Metal-Sounds aus Kopfhörern dröhnte. Damals schleppten junge Musiker turmhohe Verstärker von Konzert zu Konzert, mit dem Traum, irgendwann einmal das Wembley Stadion zu rocken, wie einst Queen mit einem einzigen Gitarrenriff und zwei, drei Takten aus Freddie Mercurys Kehle. Hat es sich ausgeträumt? Ist die Zeit der Livemusik vorbei?

Der Kreisjugendring (KJR) kann das genauso wenig glauben wie all diejenigen, die sich vor nicht zu langer Zeit noch selbst mit zerfetzten Jeans auf die Bühne gestellt haben. Vor zehn Jahren erklärte die Ebersberger Musikinitiative "Rock Me" die Kultur der Bandwettbewerbe für tot. Man würde das heute "anders machen", hieß es damals. Schaut man sich die Anmeldezahlen für den neuen Contest "Lord of the Boars" an, könnte man das fast glauben. Nur zwei Bands haben sich bislang beworben. Tatsächlich ist die Zahl junger Bands im "klassischen Sinne" rückläufig, das sagt zumindest Lukas Wowra von der Jugendinitiative in Grafing (JIG): Immer mehr Musikbegeisterte würden sich heute eher als DJ probieren, anstatt die Saiten einer Gitarre zu zupfen oder das Hi-Hat eines Drumsets zu bearbeiten. Allerdings macht man es sich zu einfach, wenn man den fehlenden Erfolg von Projekten wie Lord of the Boars ausschließlich diesem Trend zuschreibt. Denn es gibt sie durchaus noch, die Musikverliebten, die wirklich Kreativen, die sich bei Gelegenheiten wie dem Kneipenfest in Grafing auf eine Bühne wagen. Das JIG jedenfalls war voll und die Jugendlichen, die dort tanzten und sich herumschubsten, machten nicht den Eindruck, als hätten sie sich an Livemusik satt gehört.

Vielleicht liegt ein Grund auch in der Organisation: Nur ein einziges Mal hat der Kreisjugendring den eigenen Bandcontest auf seiner Facebookseite beworben. Vier Mal wurde der Post geteilt und sieben "Gefällt mir"-Angaben hat er bekommen. Vermutlich von Mitgliedern der Bands, deren Bewerbung auf dem Schreibtisch des KJR gelandet ist. Was Facebook angeht, kann man also nicht wirklich von einer großflächigen Kampagne sprechen - aber gerade hier würde man die Jugendlichen doch erreichen. Ob man das auch mit den geplanten Plakaten schafft - die vor der Bundestagswahl wohl zwischen Politikerköpfen untergehen - bleibt abzuwarten. Würde diese lobenswerte Initiative scheitern, wäre es jedenfalls jammerschade.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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