Kommentar:Lebensmut durch Sport

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Unser syrischer Kolumnist erkennt im Film "In our Country" nicht nur Parallelen zu seiner eigenen Flucht, sondern auch das Integrationspotenzial des Sports

Von Mohamad Alkhalaf

In our Country" erzählt eine Geschichte vom Leiden der Flüchtlinge, die mich tief berührt hat, weil es auch meine Geschichte sein könnte. So wie im Film, wo der kranke Bruder in der Wüste alleine zurückbleiben muss, erging es mir mit meinem Freund. Wir trugen ein Boot bei Dunkelheit zur Küste. Es war sehr gefährlich, und wir durften nicht entdeckt werden. Auf dem Transport habe ich meinen Freund aus den Augen verloren; und erst auf dem Boot stellte ich mit großem Schrecken fest, dass er nicht mehr da war. Ich habe bis heute nichts mehr von ihm gehört. Für die Flucht hatte mir mein Freund noch gute Laufschuhe gekauft, mit denen ich dann 400 Kilometer, meistens nachts, gelaufen bin.

Auf der Flucht habe ich einen kleinen Jungen gesehen, der seinen Ball wie einen Schatz mit sich trug. Jetzt ist er berühmt und spielt bei einer bekannten Fußball-Mannschaft. Sein Vorbild ist Franz Beckenbauer und sein Ziel ist der FC Bayern. Es macht ihm Mut, dass ein syrischer Spieler heute zur Mannschaft von Borussia Mönchengladbach gehört. Und ein syrisches Mädchen, Yusra Mardini, ist drei Stunden mit ihrer Schwester geschwommen, um Rettung für das defekte Boot zu holen. Sie hat in Deutschland trainiert und war bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro dabei.

Auch Alexes Feelmo spricht im Film "In our Country" darüber, welch große Hilfe Fußball für die Integration ist. Es gibt bereits viele Fußballmannschaften, in denen Flüchtlinge und Einheimische zusammen spielen, und, welche Freude, sogar syrische Mädchen dürfen mitspielen. Leider können Fußballspieler in Syrien jetzt nicht spielen. Sie hungern, von der Armee eingesperrt, in ihren Dörfern.

Und viele Fußballer sitzen im Gefängnis oder sind Soldaten auf der Seite der Rebellen. Zum Beispiel Abed Albaset; er war ein berühmter Fußballspieler und ist heute Kommandant. In Städten, die vom IS besetzt sind, ist Fußballspielen verboten. Sportstätten sind zerstört, dafür gibt es jetzt Waffenlager. Hier dagegen stehen alle Wege offen für Fußball, wer gut ist, kann berühmt werden, so wie Salatan Ibrahimovc von Manchester United, oder Luka Modric bei Real Madrid. Sie alle waren Flüchtlinge. Bei den Olympischen Spielen für Flüchtlinge werde ich beim Marathon mitmachen, und zwar mit meinen Sportschuhen aus Syrien.

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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