Kommentar:Grundlos glücklich

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Objektiv, transparent und ehrlich wäre es, neben den Zahlen zur Erteilung oder Ablehnung von Arbeitserlaubnissen für Flüchtlinge auch eine Begründung zu nennen. In jedem einzelnen Fall. Auch wenn das Mehraufwand bedeutet: Das Ebersberger Landratsamt hätte das dringend nötig.

Von Korbinian Eisenberger

Kaum sind drei Jahre vergangen, hat es der Landkreis Ebersberg geschafft: Wie fast überall sonst in Bayern wird nun auch das Ebersberger Landratsamt Auskünfte über Arbeitserlaubnisse für Asylbewerber geben. Genauer gesagt: Es wird Buch geführt, wie viele Beschäftigungserlaubnisse dort an Geflüchtete erteilt wurden. Und wie viele Anträge negativ beschieden wurden - jeweils sortiert nach Herkunftsstaaten. Dies ist die gute Nachricht für die SPD-Fraktion und ihren jüngsten Antrag im Kreistag - und für all jene, die vom Landratsamt Ebersberg ebenfalls mehr Transparenz bei Asylfragen einfordern. Die schlechte Nachricht: Wirklich transparent wird es dort auch weiterhin nicht zugehen.

Im Kern ändert sich mit dem Kreistagsbeschluss nämlich nicht viel. Künftig gibt es zwar Statistiken. Die Ebersberger Ausländerbehörde muss aber nach wie vor keine Gründe dokumentieren, warum es zu einer Entscheidung - für oder gegen eine Arbeitserlaubnis - gekommen ist. Die SPD-Fraktion hatte dies neben den Zahlen beantragt. Letztlich wurde das Warum aus dem Beschluss entfernt. Der Ebersberger Kreistag folgte damit der Argumentation des Landratsamts, wonach diese Form der Dokumentation zu aufwendig für die Verwaltung sei. Sprich: Man will den Mitarbeitern dort nicht zumuten, eine weitere Spalte zu beschriften. Zum Beispiel, bei einer Ablehnung des Antrags auf Arbeitserlaubnis. "Kein Pass", "Geringe Bleibewahrscheinlichkeit": Notizen wie diese wären nicht ideal, aber leicht machbar - und zumindest ein kleiner Hinweis auf den Grund, der zu der Entscheidung geführt hat.

Schließlich sind es bekannterweise Kriterien wie diese, die laut dem bayerischen Innenministerium entscheiden sollen. Darüber, ob ein Mensch während seines Asylverfahrens arbeiten darf, ein Praktikum machen kann. Oder ob er sich anderweitig beschäftigen soll. Der Ebersberger Ausländerbehörde eilt hier der Ruf nach, restriktiver zu sein als die meisten anderen in Bayern. Nicht zuletzt, weil der Bayerische Flüchtlingsrat im vergangenen Herbst zu diesem Schluss kam. Hinzu kamen zahlreiche Beschwerden aus hiesigen Helferkreisen. Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß (CSU) reagierte schließlich und kündigte Anfang Februar einen neuen Kurs an. Aufgrund der Kritik wolle er die Hürden im Landkreis niedriger legen, hieß es - aber auch aus Überzeugung, so Niedergesäß.

Aus welchem Grund auch immer: Es ist gut möglich, dass hier tatsächlich etwas passiert ist. Dass der Landkreis Ebersberg mittlerweile eine gemäßigtere Linie bei den Arbeitserlaubnissen fährt. Falls man in Bayern "gemäßigt" und "Zuwanderer" überhaupt seriös in einem Satz verwenden kann. Klar ist: Nach dem neustem Ebersberger Beschluss sollte man demnächst statistische Vergleiche mit anderen Landkreisen ziehen können. Wie hoch ist der prozentuale Anteil an Pakistani mit Arbeitserlaubnis verglichen mit dem Nachbarlandkreis Freising? Wie viele Nigerianer wurden verglichen mit dem Kreis Dachau abgelehnt? Wie ist die Quote bei Afghanen im bayernweiten Schnitt? Man kann sich nun ein statistisches Bild machen, nach drei Jahren, immerhin.

Landrat Niedergesäß sagte hierzu noch, es stimme objektiv nicht, dass Ebersberg restriktiver sei als andere Landkreise. Auch das mag stimmen, überzeugt aber nicht restlos. Objektivität wird schließlich dadurch gefördert, indem Informationen und Fakten offen gelegt werden. Nicht indem man sie - aus welchen Gründen auch immer - verbirgt. Objektiv, transparent und ehrlich wäre es deswegen, neben den Zahlen auch eine Begründung zu nennen. In jedem einzelnen Fall. Auch wenn das Mehraufwand bedeutet: Das Ebersberger Landratsamt hätte das dringend nötig.

© SZ vom 01.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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