Kommentar:Eigentum verpflichtet

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"Geld allein macht nicht glücklich" heißt eine Redensart, die als Empfehlung im Konflikt um eine abgerissene Brücke an der Markt Schwabener Sägmühle durchaus taugen würde.

Von Karin Kampwerth

Die Kneipp-Medizin, so heißt es in einer Erklärung im Internet, beruht auf dem Wirkprinzip einer "Reizreaktion". Soll heißen, dass diejenigen natürlichen Reaktionen des Körpers therapeutisch genutzt werden, die zuvor gereizt wurden. Wäre der Konflikt um den öffentlichen Weg an der Markt Schwabener Sägmühle also eine Krankheit, müsste man den Besitzer des Areals nur ordentlich tratzen, um ihn zur Einsicht zu bringen, dass er die Brücke über den Fehlbach ins Schwabener Moos wieder herrichtet.

Das könnte vielleicht sogar gelingen. Schließlich dürfte es für den Eigentümer deutlich angenehmer sein, ein paar Spaziergänger vorbei in Richtung Moos ziehen zu lassen, als regelmäßig fröhlich giggelnde Grüppchen beim Wassertreten ertragen zu müssen.

Zweifelsohne ist die Aktion des Markt Schwabener CSU-Ortsverbandes eine genauso kreative wie freundliche Aufforderung an den Besitzer eines der idyllischsten Fleckchen Markt Schwabens, sein weniger freundliches Verhalten noch einmal zu überdenken. Schließlich hatte er die Brücke über das Bächlein nicht etwa weggerissen, weil das Bauwerk marode wäre oder aus irgendeinem anderen triftigen Grund. Er zerstörte es einfach nur deshalb, weil es ihn nervt, dass Markt Schwabener einen Weg über sein großzügiges Grundstück nutzen, um in der Natur ein wenig Erholung zu tanken. Dabei tun das die Spaziergänger nicht etwa unrechtmäßig, sondern vom Verwaltungsgericht höchstselbst erlaubt.

Die Sache mit der weggerissenen Brücke ist wohl ebenfalls einwandfrei - allerdings nur juristisch und nicht moralisch - und, um wieder in die Sprache der Medizin zurückzukehren, symptomatisch für das zerrüttete Verhältnis zwischen der Gemeinde Markt Schwaben und ihrem Neubürger aus München. Dass dessen Interesse an einer guten nachbarschaftlichen Beziehung homöopathisch dosiert ist, dürfte inzwischen klar sein. Nicht umsonst heißt es aber, dass jeder eine zweite Chance verdient hat.

Vielleicht sollten die Markt Schwabener, die sich am Sonntag um 11.15 Uhr zum Kneippen im Fehlbach treffen, dem Mann als kleines Gastgeschenk einen Auszug aus dem Grundgesetz mitbringen. Dort steht in Artikel 14, Absatz 2: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Sich das zu Herzen zu nehmen, ist auch für das Wohlbefinden reicher Menschen die beste Medizin.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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