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Wenn der soziale Friede gewahrt werden soll, dann gibt es für diejenigen, die für die Flüchtlingsunterbringung zuständig sind, nun eines zu tun: den Fuß von der Bremse zu nehmen

Von Barbara Mooser

Eine Vollbremsung ist schwieriger als Vollgas geben. Das stellt jeder Fahrschüler irgendwann fest, das zeigt sich jetzt auch im Landkreis beim Thema Flüchtlingsunterbringung. Zwar kommen seit Monaten keine neuen Asylbewerber in den Landkreis, doch von einer Entspannung der Lage kann nicht die Rede sein. Lösungen, die gerade noch als akzeptabel empfunden waren, als im Landkreis jede Woche Platz für Dutzende neue Flüchtlinge gefunden werden musste, stellen inzwischen niemanden mehr zufrieden. Das Nervenkostüm der Menschen in den Massenunterkünften, die seit Monaten auf jegliche Privatsphäre verzichten müssen, wird zunehmend dünner. Das der Helfer, die die Spannungen hautnah mitbekommen, ebenfalls.

Dabei war der Landkreis auf einem guten Weg: In vielen Städten und Gemeinden liegen fertige Pläne für kleine und mittelgroße, jedenfalls aber menschenwürdige Unterkünfte in den Schubladen. Wie es damit weiter gehen soll, ist aber nun seit Monaten völlig unklar. Zwar ist durchaus verständlich und richtig, dass die Regierung von Oberbayern nach dem abrupten Rückgang der Flüchtlingszahlen vor Ostern zunächst eine Konsolidierungsphase angeordnet hat, in der bayernweit überprüft werden sollte, welche Unterkünfte weiter gebraucht werden und welche nicht. Doch nun wird es höchste Zeit, entweder das lange erwartete Gesamtkonzept vorzulegen - oder aber zumindest für jene Projekte, für die die Planung schon am weitesten fortgeschritten war, den Baustopp aufzuheben.

Denn jetzt geht es nicht mehr nur darum, möglichst vielen Menschen möglichst schnell ein Dach über den Kopf zu bieten. Jetzt geht es um etwas anderes, das aber mindestens ebenso viel Energie erfordern wird: Integration. Es gibt immer noch genügend engagierte Helfer im Landkreis, die willens sind, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Doch in Massenunterkünften, wo man selbst ein stilles Eckchen für eine Unterhaltung vergeblich sucht und vergleichsweise viele Hilfesuchende auf vergleichsweise wenige Helfer treffen, sind die Voraussetzungen für einen Erfolg denkbar schlecht. Wenn der soziale Friede gewahrt werden soll, dann gibt es für diejenigen, die für die Flüchtlingsunterbringung zuständig sind, nun eines zu tun: den Fuß von der Bremse zu nehmen.

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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