Kommentar:Beschweren, aber richtig

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Wer Lärmschutz an der Bahn will, muss das auch deutlich kundtun. Sonst verschafft man den Verantwortlichen eine allzu bequeme Ausrede

Von Wieland Bögel

Die Bahn kommt, so warb der Schienenkonzern vor einigen Jahren und wollte damit seine Zuverlässigkeit herausstellen. Die Bahn kommt immer öfter, beklagen viele Anwohner der Schienenstränge, besonders im Sommer, wenn man auf Terrasse oder Balkon sein eigenes Wort nicht versteht, weil ein Güterzug nach dem anderen vorbeidonnert. Was zwar ökonomisch wie ökologisch durchaus Vorteile hat, aber auch ein gewisses Störpotenzial. Wie groß es ist, soll eine bis Ende der Woche laufende Umfrage des Eisenbahn-Bundesamtes im Internet ermitteln, und wie beim Lottospielen heißt es auch hier: Nur wer mitspielt, kann gewinnen.

Als die Eisenbahn in den Landkreis kam, mehr als ein Jahrhundert ist das nun her, tat sie dies fernab von menschlichen Behausungen. Auf alten Karten, die man etwa auf der Website des Landesvermessungsamtes anschauen kann, sieht man, dass die Bahnstrecke weit an den Ortschaften vorbeiführte. Wer damals in Zorneding, Pöring, Baldham oder Vaterstetten lebte, hatte mindestens einen Kilometer zum Bahnhof zu laufen. Mit der Zeit wurde das Wohnen an der Bahn aber immer attraktiver, besonders Vaterstetten, Zorneding und Kirchseeon sind gerade um die Bahnhöfe herum stark gewachsen. Was neben vielen Vorteilen aber auch einen Nachteil mit sich bringt: Wer direkt am Gleis wohnt, hört halt den Zug deutlich mehr. Und wenn dort künftig noch mehr Züge fahren, etwa weil der Verkehr Richtung Süden zunimmt, hört man eben noch etwas mehr.

Nun ist die Bahn zugegebenermaßen in dieser Frage nicht unbedingt entgegenkommend. Teure Lärmschutzwände werden meist mit Argumenten wie "Wir waren zuerst da, hätte ja jeder, der hinzieht, wissen müssen, dass Züge Geräusche machen" abgelehnt. Was wiederum bei den Anliegern nicht so gut ankommt. Die haben nun aber die Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen, indem sie möglichst zahlreich den Online-Fragebogen ausfüllen. Dass so gleich nächste Woche neue Lärmschutzwände aufgestellt werden, ist zwar nicht zu erwarten. Aber sicher ist, dass dies nie passiert, wenn sich zu wenige Leute beteiligen. Schließlich braucht es keinen Lärmschutz, wenn der Lärm offenbar keinen stört.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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