Kandidatenwahl:Keine Frage des Wohnortes

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Das Kandidaten-Duo der Freien Wähler: Wilfried Seidelmann (links) und Markus Erhorn. (Foto: privat)

Weil sich aus den eigenen Reihen niemand fand, nominieren Ebersbergs Freie Wähler einen Dachauer als Direktkandidaten für die Landtagswahlen

Von Christoph Jänsch, Ebersberg

Ein Dachauer soll Ebersbergs Freie Wähler (FW) in die Landtagswahlen führen. Markus Erhorn, stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Freien Wähler, wurde auf der Nominierungsveranstaltung des FW-Kreisverbandes zum Direktkandidaten bestimmt. Die Nominierung eines Ortsfremden ist ein Hinweis auf die Zerrissenheit der Gruppierung, was das Engagement über die Kommunalpolitik hinaus angeht.

Seit zwei Legislaturperioden sind die Freien Wähler inzwischen im Bayerischen Landtag vertreten. Und sie "arbeiten erfolgreich", wie der Ebersberger Kreisvorsitzende Wilfried Seidelmann betont. Die Abschaffung der Studiengebühren, das voraussichtliche Ende der Straßenausbaubeiträge sowie die Rückkehr zum Abitur nach 13 Schuljahren seien nur einige der wichtigen Themen, die die Freien Wähler im Landtag angestoßen hätten.

Ein Erfolg, den nicht alle Freien Wähler mittragen. Deren Stärken liegen eigentlich in der Kommunalpolitik. Auf der Webseite der Freien Wähler Ebersberg heißt es: "Wir definieren uns maßgeblich über unsere Herkunft und Grundkompetenz aus der politischen Arbeit in den Kommunen, Landkreisen und Bezirken." Doch das Engagement auf höheren politischen Ebenen sei wichtig, sagt der Kreisvorsitzende: "Somit können wir bei Verordnungen mitbestimmen, die später von den Kommunen getragen werden müssen." Dem schließt sich Ebersbergs Zweiter Bürgermeister Toni Ried an. "Viele Entscheidungen, mit denen wir in den Rathäusern umgehen müssen, werden auf Landesebene beschlossen", sagt Ried. Diese Sicht ist parteiintern umstritten. Die Freien Wähler Markt Schwaben beispielsweise halten sich schon seit Jahren aus der höheren Politik zurück, sagt Gemeinderat Bernd Romir: "Wir engagieren uns nur bis auf Kreisebene."

Nun haben die Freien Wähler des Kreisverbands Ebersberg jedenfalls ihre Kandidaten für die Bezirkstags- und die Landtagswahl im Oktober 2018 vorgestellt. Für den Bezirkstag wird zum vierten Mal der Arzt Wilfried Seidelmann kandidieren, der eine internistische Praxis in Kirchseeon betreibt. Doch dass ein Dachauer wie Markus Erhorn für die Ebersberger in den Landtag möchte, wirft die Frage auf, ob und warum sich kein Freier Wähler aus dem Landkreis gefunden hat.

Nur jeweils ein Kandidat habe sich um die Bezirkstags- und Landtagskandidatur beworben, sagt Kreispressesprecher Thomas Feuchter. Mit Seidelmann und Erhorn wurden diese gewählt. Der 29-jährige Erhorn war in seinem Heimatlandkreis nicht zum Zug gekommen, dort trete ein anderer erfahrener FW-Politiker an, so Seidelmann. Da Erhorn aber Mitglied im Vorstand der Jungen Freien Wähler ist, wolle man "diesem jungen Mann eine Chance geben." Seidelmann rechnet dem Dachauer sogar gute Chancen aus und findet dafür prominente Unterstützer.

Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger verweist zum Beispiel auf "die Speerspitze der Freien Wähler", den Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger, der gezeigt habe, wie tapfer sich die "regionale Truppe" im Landtag schlagen könne. Hohenlindens Bürgermeister Ludwig Maurer hat selbst schon einmal für den Landtag kandidiert. "Man spürt, dass die politische Landschaft wieder bunter werden kann", so Maurer. Dass Erhorn nicht aus dem Landkreis kommt, hält er für unbedenklich: "Letztendlich gibt es auch bei der Bürgermeister-Wahlen Kandidaten, die nicht am Ort wohnen." Und auch Toni Ried unterstreicht: "Die Fähigkeit eines Einzelnen ist mir viel wichtiger als dessen Wohnort. Einarbeiten kann man sich schließlich überall."

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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