Jubiläumskonzert:Vierstimmig in Sopran und Alt

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Den Verein gibt es seit 175 Jahren, seit 17 Jahren ist der Sänger- und Orchesterverein Ebersberg ein reiner Frauenchor. (Foto: oh)

Der Sänger- und Orchesterverein Ebersberg feiert seinen 175. Geburtstag. Einst gegründet von einer Gruppe gesangsfreudiger Männer, hat sich das Ensemble zu einem reinen Frauenchor entwickelt

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Die Tage, in denen ausschließlich Männer mitsingen durften, sind lange vorbei. Seit 17 Jahren sind es vielmehr die Frauen, die beim Sänger- und Orchesterverein Ebersberg den Ton angeben - in jeder Hinsicht. Jene drei tiefen Stimmen, die aus der langen Geschichte des Ensembles noch übrig geblieben waren, wurden 2000 weiblich-sanft entsorgt und fanden eine neue musikalische Heimat beim Männerchor Steinhöring. Dabei hatte der älteste Ebersberger Chor, 1842 von dem Lehrer Josef Schwab gegründet, - sich erst nach dem Ersten Weltkrieg für Frauen geöffnet, war da als gemischter Chor wieder gegründet worden. Das Orchester im Namen war 1911 dazu gekommen, ist aber mittlerweile ebenso wieder verschwunden wie die tiefen Stimmen. "Die Männer sind immer älter geworden", erinnert sich Helga Schug, die seit über 20 Jahren mit dem Chor auf der Bühne steht. Und im Gegensatz zu den Frauen sei nichts mehr nachgekommen, erzählte sie. "Mit nur zwei Bässen und einem Tenor kann man nicht bestehen."

An Variabilität in der Chorstimmung fehlt es den etwa 30 Sängerinnen dennoch nicht. Mit zwei Sopran- und zwei Altlagen lasse es sich wunderbar vierstimmig singen, erklärt Uta Adam, die auch schon seit einem Vierteljahrhundert der Singerei verfallen ist. Es gebe genug ausschließlich für Frauenstimmen notierte Liedliteratur - welche die Sängerinnen seit der Übernahme des Chores durch Maria Rose vor sieben Jahren auswendig darbieten. "Das wollten die Herren eh nicht", erzählt Helga Schug am Telefon - und man glaubt zu hören, wie sie dabei lächelt. Ohne Notenblätter in der Hand habe man einen viel besseren Blick auf die Dirigentin, könne besser auf ihre Anweisungen reagieren.

Dass die Sängerinnen ein breites Spektrum an Singstücken abdecken, werden sie am Samstag, 28. Oktober, einmal mehr unter Beweis stellen, wenn sie zum Jubiläumskonzert in das katholische Pfarrheim an der Baldestraße einladen, wobei sie sich diesmal Unterstützung auf die Bühne holen: Das junge Salonorchester Melange unter der Leitung von Anne-Kathrin Kabitzke übernimmt die instrumentelle Begleitung, wird aber auch einige Stücke ohne Chor spielen. Volkslieder, Filmmelodien, Stücke von Rainhard Fendrich, Haindling und Hubert von Goisern stehen ebenso auf dem Programm wie Melodien von Johann Strauß und Friedrich Smetana. Letztere singt der Frauenchor gemeinsam mit dem Steinhöringer Männerchor. Die Gruppe Zwischentöne "coro piccolo", Teil des Frauenchors, geleitet von Karin Küpferling, intoniert Haindlings "Ewiges Liad".

Der Jubiläumsabend soll aber nicht nur den vorläufigen Höhepunkt von 175 Jahren Geschichte markieren - eine Zeitspanne, in die unter anderem Revolutionen, die Gründung des Deutschen Kaiserreichs, Wirtschaftskrisen, zwei Weltkriege und grundlegende Umbrüche der Gesellschaft fielen, auch die Erfindung des Grammophons und die Entwicklung der Cloud, die Musik grundsätzlich überall dort verfügbar macht, wo das Handy ein Netz findet; eine Zeitspanne, in der Musiker wie Richard Wagner, Robert Schumann oder Frédéric Chopin komponiert und gespielt haben, aber auch die Beatles, Nirwana, Helene Fischer oder Ed Sheeran. All das hat der Ebersberger Sänger- und Orchesterverein überstanden, wobei ihn, wie in einer zum 150-jährigen Bestehen erschienenen Chronik zu lesen ist, besonders die Zeit während des Zweiten Weltkriegs arg gebeutelt hat. Den hundertsten Geburtstag hätten die damaligen Mitglieder nicht feiern können, steht dort geschrieben. Mitten im Krieg gab es wenig Anlass zu singen. Aber schon kurze Zeit später ging es für die Ebersberger Sänger weiter, 1948 erhielten sie die Erlaubnis, sich zum Zwecke des Musizierens zusammen zu finden.

Und so soll es auch unter der neuen Chorleiterin Ursula Roth weitergehen, die den Dirigentenstab nach sieben Jahren von der Glonnerin Maria Rose übernehmen wird. Rose wird am Sonntag die erste Hälfte des Konzerts leiten, Roth, die in Zorneding lebt, dann die zweite. Eine große Veränderung steht für den Verein auch in der organisatorischen Leitung an: Helga Schug, inzwischen 72, möchte das Amt der Vorsitzenden in jüngere Hände legen. "Wir wollen dem Chor eine Chance geben, sich zu verjüngen und wieder ein bisschen mehr Schwung zu entwickeln", sagt sie. Bis zur Mitgliederversammlung im Januar, so hofft sie, werde sich eine etwas jüngere Bewerberin aus dem Kreis der Sängerinnen finden. Für die Nachfolge der übrigen Vorstandsmitglieder, alle seit Jahren im Amt, gebe es schon Kandidaten. Eine so lange Geschichte muss einfach weitergehen.

Jubiläumskonzert am Samstag, 28. Oktober, 19 Uhr, im Pfarrheim St. Sebastian, Baldestraße 18.

© SZ vom 27.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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