Jazz-Festival:Wie Ostern und Weihnachten zusammen

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Drummer Al Foster und Trompeter Enrico Ravabietet kommen nach Ebersberg. Die SZ verlost Tickets für das Konzert der beiden Jazz-Legenden

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Was hat Italien mit Jazz zu tun? Viel, wenn man zurück in jene Tage der sechziger Jahre blickt, als in der Stadt der unzählbaren Portici, Bologna, ein Jazz-Festival der besonderen Art ausgerichtet wurde. Bill Evans, Cecil Taylor und Charles Mingus kamen in die Stadt in der Emilia-Romagna, und man kann sich vorstellen, wie Tausende von Zuhörern auf den überdachten Gehsteigen gesessen haben, dem rhythmischen Streicheln der Jazz-Besen und dem Schmeicheln der Trompeten gelauscht haben. Enrico Rava, der heute wohl bekannteste Jazzer Italiens, schwärmt von jenen Tagen, als die Jazz-Konzerte in italienischen Städten wie Bologna, Siena oder Perugia zu den "größten der Welt" gehört hätten. Zu den Größten der Welt gehört er längst selbst. Der heute 77-Jährige trägt Beinamen wie Altmeister, Legende, Ausnahmetrompeter. Wenn er am Freitag, 20. Oktober, im Alten Speicher die Trompete unter seinem inzwischen schlohweiß gewordenen Schnurrbart ansetzt, ist das für Jazzfans, als würden Ostern und Weihnachten zusammenfallen.

Enrico Rava stammt aus Triest und begann in den frühen 60-er Jahren zu musizieren, spielte Dixieland in Jazz Combos. Zunächst blies er die Posaune, dann verliebte er sich musikalisch in die Trompete - Miles Davis und Chet Baker waren seine Vorbilder - und wechselte das Instrument. Schon 1960 leitete der 25-Jährige sein erstes Quartett, er spielte mit Bill Dixon, Steve Lacy, Gato Barbieri oder dem kürzlich verstorbenen John Abercrombie. Doch Rava beschränkte sich nicht auf den Jazz, komponierte Filmmusik, unter anderem für Bernardo Bertolucci und beschäftigte sich ausgiebig mit der italienischen Oper. So ist es nicht verwunderlich, dass der Einfluss Italiens in seiner Musik hörbar wird - wenn er auch einen bewussten Bezug seiner Musik auf seine italienische Heimat in einem Interview vor einigen Jahren einmal verneint hat. Am 20. Oktober können sich Musikliebhaber selbst ein Bild machen - und sich zugleich im Doppelkonzert über eine weitere Jazzgröße freuen: Al Foster.

Al Foster aus New York. (Foto: Veranstalter)

Der US-Amerikaner, 1943 in Virginia geboren, ist in New York aufgewachsen. Zehn Jahre lang war er Drummer der legendären Miles Davis Electric Band. Als einfühlsam und ausdauernd bezeichnen Kenner sein Spiel, er habe "einfach alles, was ein Drummer haben muss", schwärmte Miles Davis, als er ihn in seine Band holte. Tatsächlich kann Foster alles, die leisen Töne ebenso wie die ganz lauten, kann sich unterordnen, mit seinen Drumsticks den feinen Unterbau geben, er kann aber auch explodieren an seinem Schlagzeug, ein rhythmisches Feuerwerk abbrennen.

Das Schlagzeugspielen hat Foster sich selbst beigebracht, spielte schon im zarten Alter von 16 Jahren mit dem südafrikanischen Trompeter Hugh Masekela, war bei dem Label Blue Note unter Vertrag, bis ihn 1972 Miles Davis im Manhatten Cellar Club hörte. 13 Jahre spielten die beiden Ausnahmemusiker zusammen, an zehn Alben der Miles-Davis-Band arbeitete Foster mit. Später gehörten Musikgrößen wie Herbie Hancock, John Scofield, Pat Metheny, Charlie Haden, George Benson, Stan Getz, Chick Corea, Thelonius Monk, Branford Marsalis sowie Sting und John McLaughlin und viele andere zu seinen musikalischen Partnern. Als Solo-Drummer, aber auch als Begleiter entwickelte er sich zum Mittelpunkt vieler Bands, in denen er spielte.

Enrico Rava aus Triest. (Foto: Veranstalter)

In Ebersberg ist Foster mit seinem Quintett zu Gast: An der Posaune Freddie Hendrix, am Saxofon Mike DiRubbo, Adam Birnbaum am Klavier und Doug Weiss spielt den Bass. In seinem "Tribute to Charlie Parker" interpretiert das Ensemble Klassiker des legendären Saxofonisten, der in den nur 35 Jahren seines Lebens zu einem der wichtigsten Jazzinterpreten wurde und vor allem als Wegbereiter des Bebop gilt. Seinen Durchbruch als Musiker hatte Parker Anfang der 40er Jahre zusammen mit Dizzy Gillespie. Sie gründeten die erste Bebop-Combo - mit deutlicheren Rhythmen und innovativer Harmonik grenzten sie sich vom verbreiteten Swing jener Jahre ab und leiteten den Übergang zum Modern Jazz ein. Mit Al Foster werden also die frühen Zeiten des Jazz in Ebersberg wieder auferstehen. Mit Enrico Rava im Doppelkonzert werden die Zuhörer einen wohl einzigartigen Jazzabend im Alten Speicher erleben.

Die Ebersberger SZ verlost im Rahmen ihres Jubiläums Karten für das Jazz-Festival. Für "Living Jazz Legends" mit Al Foster und Enrico Rava am Freitag, 20. Oktober, um 19 Uhr im Alten Speicher gibt es an diesem Mittwoch dreimal zwei Tickets zu gewinnen. Die Hotline ist von 10 bis 10.10 Uhr unter (08092) 826612 zu erreichen.

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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