Im Alten Speicher:Simsalabim

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Er ist kein Zauberkünstler im klassischen Sinne und trotzdem brachte er mit seinem Auftritt das Publikum der Ebersberger "Zaubernacht" nicht weniger zum Staunen: Mr. Paperman faltete Papier, drehte und schraubte es, riss es ein und manches heraus - und hatte am Ende Kurioses in den Händen. (Foto: Christian Endt)

Bei der zweiten Ebersberger "Zaubernacht" kamen Größen der deutschsprachigen Magierwelt zusammen. Ein Abend voller verblüffender Momente und viel Humor

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Johann Wolfgang von Goethe wäre am Samstagabend bestimmt im Alten Speicher gewesen, wenn er nicht schon seit 186 Jahren tot wäre. Denn der Dichtermeister hielt viel vom Staunen. So schrieb er einst: "Das Höchste, wozu der Mensch gelangen kann, ist das Erstaunen."Und das Publikum der zweiten Ebersberger "Zaubernacht" kam in den vollen Genuss dieses höchsten der Gefühle. Kein Wunder also, dass dieses Goethe-Zitat vor der Show auf den geschlossenen schwarzen Vorhang projiziert wurde.

Es war ein Schaulaufen des "Who is Who" der deutschsprachigen Zauberkunstszene: Insgesamt neun Zauberkünstlerinnen und -künstler brachten bei der Show am Abend die Ebersberger zum Staunen, während sich die "Magier" tagsüber bei einer Konferenz die Klinke in die Hand gaben - natürlich war die Konferenz geheim, also unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sonst wäre die ganze Magie am Ende noch aufgeflogen. Das Programm auf der Bühne zeigte viel von dem, was in der Zauberkunst alles möglich ist. Denn "Zaubern" ist keinesfalls darauf beschränkt, ein weißes Kaninchen aus dem zuvor leeren schwarzen Zylinder herauszuziehen.

Eröffnet hat die Show das Duo Luko, hinter einer Schulbank sitzend. Die zwei jungen Männer lieferten den Kindern im Publikum schöne Ideen, wie sie sich die Zeit im Schulunterricht vertreiben können, wenn sie mal die Lust verlässt, zwei plus zwei zu addieren: Papierknäuel von der Schulbank "wegzaubern", um sie am anderen Ende der Bank wieder "herzuzaubern" oder die verschwundenen Knäuel einfach in dunkelrote Äpfel verwandeln, und auch mit all den kugelförmigen Utensilien im Team zu jonglieren, also mit insgesamt vier Händen, ist eine Möglichkeit zum Zeitvertreib in der Schule.

Was Maxime Maurice und Jennifer Martinez dem Publikum präsentierten, war eigentlich ein alter Hut: Ein Mann zieht einen Vorhang vor eine Frau in rotem Kleid, schüttelt ihn ein bisschen hin und her, zieht ihn wieder nach unten und - Simsalabim! - dieselbe Frau trägt auf einmal ein gelbes Kleid. Maurice und Martinez haben es aber geschafft, dem alten Hut ein neues Gewand zu geben, indem sie die Quantität erhöhten: Einmal das Outfit wechseln, zwei Mal, drei Mal - papperlapapp, da gerät nun wirklich niemand ins Staunen. Aber zwölf Mal in einer Geschwindigkeit, dass es vielleicht auch dreizehn oder vierzehn Mal gewesen sein könnten, weil man mit dem Zählen gar nicht mehr mitgekommen ist? Das verblüfft dann doch sehr, wie das kollektive Kopfschütteln im Saal, wohl aus Ungläubigkeit, vermuten lässt.

Die Schweizer Gedankenleser Christoph Borer und Luna Lux erstaunten durch treffsicheres Gedankenlesen - Mentalmagie nennt man das im Zaubereijargon. So malte Lux ein Bild mit denselben Farben aus, wie eine Zuschauerin, die Borer zuvor auf die Bühne holte. Sogar die Reihenfolge, in der die Frau aus dem Publikum die Gegenstände auf dem Bild ausmalte, benannte Lux richtig. Da kann man schon einmal ins Fantasieren geraten: Könnte nur jeder Mensch Gedankenlesen wie Luna Lux, dann könnte man das Wort "Missverständnis" getrost aus dem Wortschatz eines Jeden streichen. Aber bestimmt ist doch nur alles ein Trick. Aber ein ziemlich guter!

Mit Frederic Schwedler stand auch ein aktueller Preisträger der Deutschen Meisterschaften der Zauberkunst auf der Bühne. Seine Kunststücke beruhen einzig auf Fingerfertigkeit. Es ist schwierig zu beschreiben, was der junge Mann tut, wenn er "zaubert" - er macht es nämlich ziemlich schnell. Er hat weiße Bälle in den Händen, sie werden mal mehr, mal weniger, sind mal in seiner linken, dann in der rechten Hand, fliegen durch die Luft und werden irgendwo dazwischen grün. Schwedlers fliegenden Fingern zuzusehen, während die eigenen Augen immer größer vor Staunen werden, ist eine Freude.

Eine Koryphäe der Zauberszene war am Samstag auch dabei: Juno hat sich in den 80er Jahren einen Namen gemacht und ist für viele jüngere "Zauberer" ein Idol aus Kindheitstagen, etwa für den Moderator Luke Dimon - der im Übrigen ein großartiger Entertainer ist und das Publikum mit viel Witz durch die Show begleitete. Juno zeigte keine aufwendigen Tricks. Es war seine charmante und humorvolle Art, mit der er seine Kunststücke präsentierte und die das Publikum begeisterte.

Der letzte Act dieses Abends war kein klassischer Zauberkünstler: Mr. Paperman ist Papiervirtuose. Er faltete Papier, riss hier einmal etwas heraus und dort etwas ein, drehte und schraubte etwas herum, faltete alles wieder auseinander und dort, wo zu Beginn weißes Papier war, waren nun Löcher, die den Schriftzug "Ebersberg" lesbar machten. Erstaunlich!

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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