Hungerstreik beendet:Asylbewerber räumen Camp vor Landratsamt

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Samstagmittag beenden die Asylbewerber ihren Hungerstreik. Altlandrat Hans Vollhardt und Leo Lux, der zuvor eine Solidaritätskundgebung organisiert hatte, verteilen Suppe an die entkräfteten Männer. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach viereinhalb Tagen ohne Wasser und Nahrung beenden zwölf Asylbewerber aus Pakistan ihren Protest. Für eine Arbeitserlaubnis wollen sie aber weiter demonstrieren

Karin Kampwerth, Ebersberg

Die zwölf pakistanischen Asylbewerber, die seit vergangenen Montag vor dem Ebersberger Landratsamt mit einem trockenen Hungerstreik für ihr Bleiberecht und eine Arbeitserlaubnis demonstriert haben, haben die Aktion am Samstagmittag beendet. Einerseits, weil die Männer entkräftet und bereits gesundheitlich angeschlagen waren - andererseits aber auch, weil etwa 60 Menschen am Vormittag zu einer Solidaritätskundgebung gekommen waren, zu der Ebersberger Abiturient Leo Lux einen Tag zuvor spontan aufgerufen hatte. Unterstützt worden war er dabei vom Bündnis Bunt statt Braun.

Als die ersten Unterstützer kurz vor elf vor dem Landratsamt erscheinen, liegen die Männer noch unter der stickigen Plane. Einige von ihnen rühren sich kaum und können sich später, während der Kundgebung, fast nicht auf den Beinen halten, so entkräftet sind sie nach viereinhalb Tagen ohne Wasser und Nahrung.

Nach viereinhalb Tagen ohne Wasser und Nahrung sind die Männer entkräftet, einige klagen über Kreislaufprobleme und Nierenschmerzen. Dennoch sagen sie, dass der Hungerstreik ihre einzige Chance sei, gehört zu werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Solidaritätsaktion gebe den Männern Kraft, sagt ihr Sprecher

Die Sonne brennt vom blauen Himmel und Basharat Abbas stehen die Tränen in den Augen. Denn von denen, die da gekommen sind und wissen wollen, warum und wogegen die Männer protestieren, fühlen sie sich wie Menschen behandelt. "Das gibt uns Kraft" sagt Abbas.

In den vergangenen Tagen vor dem Landratsamt hat er aber auch anderes erlebt. Eine Frau zum Beispiel hatte die Transparente heruntergerissen und einen Stein nach den Männern geworfen. Das war nur der Gipfel ihres Hasses. "Sie war jeden Tag hier und hat uns beschimpft", berichtet Abbas. Wütend macht ihn das nicht, nur traurig. "Wer sowas macht, muss doch einmal nachdenken, warum wir hier sind?"

Auch Altlandrat Vollhardt (CSU) kommt zu der Kundgebung

Andere wiederum hätten sie gefragt, warum sie dort herumliegen und nicht arbeiten? Dabei geht es den Männern genau darum. Sie wollen arbeiten, sich ihren Lebensunterhalt selber verdienen. Das aber, so erklärt Altlandrat Hans Vollhardt (CSU), der mit seiner Frau selber zwei syrische Flüchtlinge betreut, sei politisch wohl nicht gewollt. Denn wer arbeite und Geld verdiene, integriere sich. Und wer integriert sei, den könne man nicht mehr so einfach abschieben.

Basharat Abbas (Mitte hinten, weißes T-Shirt)spricht gut Deutsch. Er erklärt den Menschen, die zur Kundgebung gekommen sind, warum und wofür sie streiken. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Abbas, der nach eigenen Angaben seit fünf Jahren in Deutschland lebt, ohne dass sein Asylverfahren entschieden sei, habe immerhin drei Jahre lang arbeiten dürfen. Er ist gelernter Koch, erzählt von seiner guten Stelle bei einem Imbissunternehmen am Münchner Hauptbahnhof. Bis ihm ohne Begründung seine Arbeitserlaubnis entzogen wurde.

Landratsämter entschieden willkürlich, wer arbeiten dürfe und wer nicht, beklagt Abbas

Manche hatten den Hungerstreikenden vorgeworfen, dass das Landratsamt nicht die richtige Adresse für den Protest sei, hier würden schließlich keine Gesetze gemacht. Abbas entgegnet, dass Arbeitsgenehmigungen sehr wohl von der Ausländerbehörde im Landratsamt erteilt würden. Was Pakistani betreffe, würden hier die Landratsämter sehr unterschiedlich - manche sagen auch willkürlich - verfahren.

Während Abbas, der eigentlich in Passau gemeldet ist und seine Ebersberger Landsleute über die Organisation "Refugee Struggle for Freedom" unterstützt, nicht mehr arbeiten darf, dürften andere Pakistani sehr wohl ihren Jobs weiter nachgehen. Am Freitagnachmittag hätte ein Vertreter des Ebersberger Landratsamtes auch angekündigt, etwas für die Männer tun zu können. Zwei Stunden später habe er das dann aber wieder zurückgenommen.

Unterdessen appelliert der Grafinger Stadtrat Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing) an die Kommunalpolitik, öfter Resolutionen zu verfassen, die zwar, was die Asylgesetzgebung betreffe, über die Befugnisse eines Stadtrates hinaus gingen. "Hier aber kann die Basis versuchen, Einfluss zu nehmen.

Kreisrat Reinhard Oellerer (Grüne) forderte dazu auf, zunächst einmal den Hungerstreikenden zu helfen. Mit der Einzelfallhilfe habe man in Anzing, seinem Wohnort, gute Erfahrungen gemacht.

Das Camp wird geräumt, der Protest soll weitergehen

Am Samstagmittag verteilen Leo Lux und der Altlandrat Suppe und Wasser an die Männer, die zusagten, das Camp noch am selben Tag abzubauen. Die Protestaktion, so kündigt Abbas an, geht aber weiter. "Vielleicht machen wir jede Woche eine Demonstration vor dem Landratsamt", sagt er und hofft, dass sich dann doch einmal jemand bei ihnen blicken lässt, der wirklich etwas für sie tun könne. "Das Bleiberecht", sagt Abbas, kann man uns hier nicht erteilen. Eine Arbeitserlaubnis aber schon. Wenn er dann eines Tages doch in seine Heimat zurückkehren müsse, wären es wenigstens nicht verlorene Jahre in Deutschland gewesen.

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