Freiwillige Feuerwehr:Im Stress, wenn alle feiern

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In den Silvesternächten müssen Freiwillige Feuerwehren immer wieder wegen mutwilliger Brandstiftung oder unachtsam gezündeter Raketen ausrücken. "Das wurmt mich sehr", sagt der Kreisbrandrat

Von Johanna Feckl, Ebersberg

In der Silvesternacht gibt es Bräuche und feste Rituale, die viele Familien- und Freundeskreise jedes Jahr aufs Neue zelebrieren: ein üppiges Raclette oder Fondue als Abendessen, dessen Verzehr sich gerne auch über mehrere Stunden hinzieht, mindestens einmal "Dinner for One" im Fernsehen ansehen, um Mitternacht dann ein schönes Feuerwerk mit den Lieben betrachten, die Kälte mit einem Glas prickelndem Sekt hinwegspülen, später vielleicht noch durch Bleigießen einen Blick in das neue Jahr werfen oder weiter auf eine Silvesterparty ziehen. Für die Ehrenamtlichen der 48 Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis ist es jedoch nie gewiss, ob sie diese Rituale genießen können. Denn es scheint noch eine weitere Tradition zu geben - zum Leidwesen der vielen Feuerwehrler im Landkreis: Mülleimer- und Containerbrände.

"Es kommt leider immer wieder an Silvester vor, dass wir zu einem Einsatz fahren müssen, weil ein Papierkorb brennt", sagt Kreisbrandrat Andreas Heiß. Das ärgert ihn sehr. Auf Feiern bleibt man Feuerwehrler natürlich abstinent, das ist für Heiß selbstverständlich. Auch Familien und Freunde müssen immer Rücksicht darauf nehmen, wenn der Alarm losgeht und man abrupt verschwinden muss. Heiß wiegelt ab: Im Gegensatz zur Berufsfeuerwehr sei das bei der Freiwilligen Feuerwehr ja immer so - ganz egal, ob es die Nacht ins neue Jahr ist oder nicht. "Aber es wurmt mich sehr, wenn Kollegen und Kameraden an Silvester durch so etwas wie mutwillige Brandstiftung von einer Familienfeier oder Freunden fortgerissen werden."

Zum Jahreswechsel 2016 mussten die Einsatzkräfte in Baldham ran: Wieder einmal brannte ein Container. (Foto: Feuerwehr/oh)

Und das geschieht leider häufig. "Wir stellen uns immer darauf ein, dass wir spätestens ab Mitternacht ausrücken müssen", sagt der stellvertretende Kommandant der Ebersberger Feuerwehr Christoph Münch. So wie an einem vergangenen Silvester, an dem eine Wertstoffinsel in ihrem Einsatzgebiet gebrannt hat und das Feuer kurz davor war, auf ein benachbartes Wohnhaus überzuspringen. Ursache für den Brand war wohl eine fehlgeleitete Rakete oder Brandstiftung - "das ließ sich nicht mehr feststellen", erinnert sich Münch. "Wenn es nicht unmittelbare Zeugen gab, gibt es eigentlich fast keine Chance, den oder die Täter zu finden", weiß Kreisbrandrat Heiß.

Auch in Vaterstetten gab es im vergangenen Jahr in der Silvesternacht einen Papiercontainerbrand. "Vermutlich Brandstiftung", sagt der erste Kommandant Wolfgang Deutschmann. Mit zwei Löschfahrzeugen und einer großen Feuerwehrmannschaft mussten sie anrücken, um den Brand zu löschen. "Klar ärgert man sich da, wenn irgendwelche Menschen meinen, das sei lustig", gibt Deutschmann zu. Er beurteilt solche Fälle als sehr schlechte Scherze. Aber als Feuerwehr könne man da nun einmal nichts dagegen unternehmen - außer das Feuer zu löschen und versuchen, den Brandschaden so gering wie möglich zu halten. Neben mutwilliger Brandstiftung oder Unachtsamkeit beim Zünden von Raketen gibt es aber noch mehr Schwierigkeiten, mit denen die Feuerwehren zu kämpfen haben. "Wenn man zusätzlich noch durch Betrunkene angepöbelt und an seiner Arbeit gehindert wird, ist das alles noch ärgerlicher als ohnehin schon", sagt Kreisbrandrat Heiß. Er weiß von einer Silvesternacht, als ein Einsatzfahrzeug in Grafing mit Sektflaschen beworfen wurde. "Das kann man nicht verstehen, da hab ich absolut kein Verständnis dafür." Gott sei Dank sei so etwas aber immer noch eine große Ausnahme, sagt Heiß.

Einen solch extremen Fall gab es in Vaterstetten zwar bislang nicht, aber Kommandant Deutschmann spricht noch von einem anderen Problem. Wenn es zu einem Einsatz kurz vor oder kurz nach Mitternacht kommt und die Feuerwehrler mit ihren privaten Autos zur Feuerwehrleitstelle fahren, ist das Durchkommen meistens sehr beschwerlich. Zur Kenntlichmachung gibt es nur ein kleines Feuerwehrdreieck für das Autodach. Bei der eingeschränkten Sicht durch Dunkelheit und Raketenrauch erkennen das allerdings nur die wenigsten - oder es ist ihnen egal. "Viele wollen einfach feiern und gehen nicht auf die Seite, sodass wir schnell zum Einsatzort kommen könnten."

Nur einige kleinere Feuerwehren sind bislang von solch Behinderungen oder Pöbeleien von Passanten und Einsätzen durch mutwillige Brandstiftung in der Silvesternacht verschont geblieben, wie die Tullinger Feuerwehr. Erster Kommandant Florian Thurnhuber kann sich an keinen einzigen Einsatz in den vergangenen Jahren erinnern. "Im Vergleich zu den größeren Gemeinden sind wir ja ein recht beschauliches Örtchen, da wird weniger ausschweifend gefeiert", sieht er als Grund dafür. Eine solche Ruhe wünscht er auch den Kameraden der übrigen Feuerwehren. "Aber man kann leider immer nur an die Vernunft der Feierenden appellieren, dass sie ihre Silvesterraketen mit Hirn zünden und keinen Spaß darin sehen, Mülleimer anzuzünden."

© SZ vom 31.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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