Freiheit der Kunst:Grundrechte und Pflichten

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Wer dem Chef des Amtsgerichts Zensur vorwirft, übersieht, dass dieser für die Sicherheit in seiner Behörde verantwortlich ist.

Von Rita Baedeker

Die Freiheit der Kunst ist ein hohes, ein sehr hohes Gut. Sie ist daher ein mit vollem Recht in der Verfassung verankertes Grundrecht. Oft sind es die Künstler, Dichter, Philosophen, die Missstände, Probleme und Nöte thematisieren und ihnen bildlichen oder literarischen Ausdruck verleihen, lange bevor in der Gesellschaft ein Diskurs darüber geführt wird. Ein Kunstwerk ist in der Lage, Menschen zu berühren, ihnen die Augen zu öffnen, etwas anzustoßen; gern in provokanter Form. Eingriffe in dieses Grundrecht, auch auf Provokation, sind nur möglich, wenn zum Beispiel Jugendliche gefährdet sind oder ein Mensch in seiner persönlichen Ehre verletzt wird.

Dass der Leiter des Amtsgerichts, Christian Berg, kurz vor der Eröffnung der Juroren-Ausstellung des Kunstvereins in seiner Behörde ein funktionstüchtiges Luftgewehr vom "Kunstschießplatz", einer Installation von Peter Kees, entfernen ließ, hat eher mit einer Pflicht zu tun - der Verkehrssicherungspflicht. Weil nicht absolut auszuschließen sei, so Bergs Argument, dass durch die Waffe, sei sie nun gesichert oder nicht, jemand verletzt werden könne, habe er von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und angeordnet, das Gewehr zu entfernen.

Man kann die Haltung des Amtsleiters als übervorsichtig bewerten, manche, vor allem der Künstler selbst, werfen ihm Zensur vor. Dabei vergessen die Kritiker Bergs jedoch, dass er die Verantwortung für die Sicherheit seiner Behörde trägt und offenbar auch schon mal etwas von "Murphys Gesetz" gehört hat, einer Lebensweisheit, die da lautet: "Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen!" Hinzu kommt, dass der Amtsleiter, wie er erklärte, erst kurz vor der Vernissage von der Ausstellung erfuhr und über den Inhalt nicht informiert worden sei. Woran er auch selbst Schuld trägt, denn vom Aufbau bis zur Eröffnung verging immerhin eine Woche. Darüber, dass Berg die als Appell gegen Gewalt installierte Waffe abholen ließ, ohne mit dem Künstler zu sprechen, ist dieser verärgert - auch dies mit Recht.

© SZ vom 14.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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