Frauen werden nicht abgetastet:Kontrollen ohne Kontrolleurin

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Nach dem Mord von Dachau wird am Ebersberger Amtsgericht die Sicherheit verschärft - mit Hilfe aus München.

Oliver Hollenstein

Dem Amtsgericht Ebersberg fehlt es für die strengeren Sicherheitskontrollen nach dem Mord in Dachau an Personal. "Mit unserem derzeitigen Sicherheitspersonal ist es nicht dauerhaft möglich, jeden Gast am Eingang zu kontrollieren", sagte der Geschäftsleiter des einzigen Gerichts im Landkreis, Dieter Santl, der SZ. Derzeit ist an Verhandlungstagen ein Justizbeamter des Landgerichts München in Ebersberg, um die Sitzungen möglich zu machen.

Auch Metalldetektoren werden den Personalbedarf im Amtsgericht Ebersberg nicht reduzieren. (Foto: EBE)

Denn die Staatsanwaltschaft München II hatte ihre Anforderungen an die Sicherheitsmaßnahmen an Gerichten deutlich verschärft, nachdem ein Angeklagter während seiner Urteilsverkündung in Dachau einen 31 Jahre alten Münchener Staatsanwalt erschossen hatte. "Wir achten da jetzt natürlich verstärkt darauf. Einlasskontrollen müssen auf jeden Fall sein", begründete Staatsanwältin Andrea Titz den Schritt der Behörde. Auch der Richterverband und Politiker hatten schärfere Kontrollen gefordert. Das ist in vielen Gerichten jedoch einfacher gesagt, als getan.

Am Amtsgericht Ebersberg sind drei Justizbeamte an der Pforte für die Sicherheit zuständig. Bislang wurden Besucher und Beteiligte nur bei besonders heiklen Prozessen kontrolliert oder wenn den Sicherheitsbeamten eine Person verdächtig erschien. Bei größeren Kontrollen wurde die Polizei zur Hilfe geholt. Die durchgängigen Überprüfungen stellen das Gericht vor drei Probleme.

Zunächst sind derzeit zwei von drei Beamten längerfristig krank - womit nur noch ein Pförtner im Dienst ist. "Zur Personenkontrolle braucht man aber mindestens zwei Beamte", sagte Behördenchef Santl. Die Ebersberger sind daher momentan auf Amtshilfe aus München angewiesen. "Sie können sich vorstellen, dass die Kollegen am Landgericht nicht begeistert sind, dass sie uns in dieser Situation einen Beamten ausleihen müssen."

Doch selbst wenn alle Sicherheitsleute wieder im Dienst sind, bleiben zwei Schwierigkeiten. Zum einen das Geschlecht der Beamten: "Weil alle drei Kollegen Männer sind, dürfen sie Frauen nicht abtasten", sagte Santl. Frauen kommen also derzeit mit lascheren Kontrollen ins Gericht: Die Beamten dürfen lediglich ihre Mäntel und Taschen durchsuchen. "Wir bräuchten also eigentlich dringend eine Dame, um auch Damen abtasten zu können."

Zuletzt bleibt noch das Problem der Arbeitsorganisation im Gericht. "Es ist ja nicht so, als hätten die Kollegen an der Pforte nicht bisher auch einen Acht-Stunden-Tag gehabt", sagte Santl. Die Pförtner sind unter anderem auch für den Telefondienst und die Postverteilung zuständig. "Das kommt jetzt zu kurz."

Die Probleme dürften nach Einschätzung des Geschäftsleiters auch bleiben, wenn an den Gerichten in Bayern flächendeckend Sicherheitsschleusen mit Metalldetektorrahmen eingerichtet werden, wie die bayrische Justizministerin Beate Merk (CSU) angekündigt hat. "Die erhöhen die Sicherheit, aber reduzieren nicht den Personalbedarf", sagte Santl. Jeder trage Handy, Schlüssel oder Gürtel bei sich. "In der Mehrzahl der Fälle schlagen die Geräte an und jemand muss von Hand nachkontrollieren. Das kennt jeder vom Flughafen."

Trotz der Probleme erklärte Santl, das Sicherheitskonzept des Amtsgerichts sei ausreichend. Schon nach dem Mord in Dachau vor knapp zwei Wochen hatte er davor gewarnt, das Amtsgericht und die angegliederten Behörden gegen Bürger abzuschotten. Auch Ministerin Merk hatte damals erklärt, Gerichte dürften nicht zu Trutzburgen werden.

© SZ vom 24.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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