Folgen des Klimawandels:Mäuse, Mücken, Noternten

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Weil Hitze Rinder stresst, werden in der Versuchsanstalt in Grub Kuh-Duschen getestet. (Foto: Christian Endt)

Wetterextreme treffen die regionale Landwirtschaft

Von Anselm Schindler, Ebersberg

"Fängt der August mit Hitze an, bleibt auch lang die Schlittenbahn" - mit Bauernregeln wie dieser versuchen Landwirte seit jeher, das Wetter der folgenden Monate vorherzusagen. Hitze, Regen und Schnee auf Gedeih und Verderb ausgesetzt, müssen sich die Bauern schon immer an das Wetter anpassen - mit den statistisch zunehmenden Extremwetterlagen stehen sie vor neuen Problemen: Bereits zur vergangenen Erntesaison mussten die Landwirte im Raum Ebersberg früher aufs Feld, um Mais und Kartoffeln zu ernten, die Feldfrüchte wären sonst in der Rekordhitze vertrocknet.

Ackerbau findet in Ebersberg vor allem im nördlichen Landkreis statt. Dort sind die Böden ohnehin trockener als in vielen anderen Gebieten Oberbayerns, die Humusschicht ist dünn, speichert nur wenig Wasser. Zwar machten sich hier auch Hitzeperioden noch stärker bemerkbar als in anderen Gegenden, erklärt Friedrich Nebl vom Ebersberger Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF), doch immerhin seien die Landwirte auch besser auf die Trockenheit vorbereitet. Im vergangenen Sommer griffen viele Bauern vor der Ernte kurzerhand zu Bewässerungsanlagen. An den Anblick von Wasser sprenkelnden Traktoren auf den Feldern im Landkreis wird man sich wohl gewöhnen müssen.

Neben dem Ackerbau leidet vor allem die Viehhaltung unter den Rekordsommern. Denn gerade den Milchkühen wird es in den Ställen schnell zu heiß, Experten sprechen von "Hitzestress". Spätestens ab 24 Grad steigt der Puls der Rinder, sie atmen schneller, fressen weniger - und geben weniger Milch.

In einem Versuchsstall in Grub bei Poing testet das Landesamt für Landwirtschaft (LfL) seit Jahren Technologien, welche die Tierhaltung an den Klimawandel anpassen sollen: Das Repertoire reicht von Kuh-Duschen bis hin zu Ventilatoren. Im Stall messen Sensoren laufend Temperatur und Luftfeuchtigkeit, in Abhängigkeit davon werden die Lüfter automatisch geregelt.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Kuh kann sich erfrischen und gibt mehr Milch. Einziges Problem sind die Kosten der Kühltechniken und deren hoher Energieverbrauch.

Die Hitze bringt für das Milchvieh noch ein weiteres Problem mit sich: Friedrich Nebl warnt im Zusammenhang mit dem Klimawandel vor einer Zunahme der von Insekten übertragenen Krankheitserreger. In den vergangenen Jahren war in der Landwirtschaft immer wieder von der Blauzungenkrankheit die Rede, die Krankheit führt bei befallenen Nutztieren zu Entzündungen, Apathie und Fieber. Übertragen wird der Blauzungenvirus von der Culicoides-Mücke. Und die mag es am liebsten heiß. Nicht nur die Culicoides-Mücke, auch andere vier- und sechsbeinige Quälgeister schätzen die steigenden Temperaturen. Vor allem bei milden Winter vermehrten sich diverse Schädlinge viel schneller, erklärt Sabine Weindl von der LfL. "Bei Tieren, die viele Nachkommen haben, baut sich in kurzer Zeit eine sehr große Population auf", so Weindl. Blattläuse, Raupen und Feldmäuse nennt sie als Beispiel. Falle die Sommersaison in diesem Jahr ähnlich aus wie 2015, sei erneut mit einer Feldmaus-Plage zu rechnen, erklärt Weindl, "der Fraß durch die Mäuse schädigt den ohnehin durch die Trockenheit beeinträchtigten Pflanzenbestand zusätzlich". Weindl empfiehlt den Landwirten, wachsam zu sein, um Insekten- oder Mäuseplagen gegebenenfalls rechtzeitig zuvorzukommen.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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