Flüchtlingsunterkunft:Streit um Haus Leonhard geht weiter

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Die Katholische Jugendfürsorge will mit rechtlichen Schritten erwirken, dass 24 Flüchtlinge in das ehemalige Hotel in Pliening einziehen dürfen

Von Alexandra Leuthner, Pliening/Steinhöring

Die Rechtsabteilung der Katholischen Jugendfürsorge Steinhöring (KJF) befasst sich jetzt mit dem Haus Leonhard in Pliening, wo das Landratsamt 24 Flüchtlinge einquartieren wollte. Gegen Mittag waren die zunächst 23 Personen mit ihren Habseligkeiten in Pliening eingetroffen, noch am Nachmittag mussten sie das Haus wieder verlassen. Der Eigentümer des ehemaligen Hotels, die Plieninger Eberl Bau und Immobilien GmbH, hatte mit einem Verweis auf Brandschutzbestimmungen eine einstweilige Verfügung gegen das Vorhaben erwirkt. Vorbei ist die Geschichte damit aber nicht, denn das Landratsamt habe nach wie vor reges Interesse an einer Unterbringung von Flüchtlingen in dem Haus am nördlichen Ortsrand von Pliening, erklärte vor kurzem Behördensprecherin Evelyn Schwaiger.

Bei der KJF, die das Objekt gemietet hat und ans Landratsamt untervermieten wollte, wird nun der Widerspruch gegen die Einstweilige Verfügung des Landgerichts München vorbereitet, "und wir gehen davon aus, dass wir Recht bekommen", sagt Gertrud Hanslmeier-Prockl. Sie ist Leiterin des Einrichtungsverbunds Steinhöring der KJF. Vor sieben Jahren hatte die katholische Organisation in Pliening das Haus gemietet und eine betreute Übergangswohngemeinschaft für seelisch Kranke eingerichtet, die nach der Entlassung aus der klinischen Fachabteilung noch nicht in der Lage sind, in ein normales Leben ohne Betreuung zurückzukehren. Vor der Eröffnung der Wohngemeinschaft 2008 hatten Anwohner heftig dagegen Stimmung gemacht, die Situation habe sich aber entspannt und über die Jahre hinweg habe es keine derartigen Schwierigkeiten mehr gegeben, erzählt Hanslmeier-Prockl. Das KJF habe die Wohngemeinschaft aber im vergangenen Jahr auflösen müssen, weil die Anlage am Ortsrand öffentlich kaum zu erreichen und es immer schwieriger geworden sei, Betreuungspersonal zu finden.

Als man im Mai mit dem Eigentümer gesprochen habe, erzählt Hanslmeier-Prockl, habe der einer vorzeitigen Auflösung des bis 2018 laufenden Mietvertrags nicht zugestimmt, woraufhin das KJF vorgeschlagen habe, das Haus in Untermiete dem Landratsamt zur Verfügung zu stellen, das händeringend nach dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge sucht. Eine ähnliche Lösung habe man auch für eine aufgelöste Betreuungseinrichtung in Steinhöring gefunden, "daher war das für uns kein so abwegiger Vorschlag".

Der Bürgermeister hat immer wieder dafür geworben, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Das Hotel hätte geholfen

Offenbar zunächst auch nicht für die Eigentümergesellschaft, die in Verhandlungen mit dem Landratsamt eintrat. Auch für Plienings Bürgermeister Roland Frick hätte die Unterbringung von Flüchtlingen im Haus Leonhard zumindest vorübergehend ein Problem gelöst. Frick hatte im vergangenen Jahr immer wieder dafür geworben, in der Gemeinde Wohnraum zur Verfügung zu stellen, weil er befürchten musste, dass der Landkreis irgendwann auf die Turnhalle der Grundschule zurückgreifen würde. Bis heute sind im Ort erst sieben Asylbewerber untergebracht. Im Verhältnis zur Größe der Gemeinde im Landkreisvergleich und der Zahl an Flüchtlingen im Kreis ist das deutlich zu wenig - was sich allerdings ändern wird, wenn im April etwa 260 Asylbewerber in eine Plieninger Traglufthalle einziehen. Deren Eröffnung, zunächst für Januar geplant, hatte mehrmals verschoben werden müssen, aus technischen und witterungsbedingten Gründen, wie Frick erklärte.

Im Haus Leonhard hätten neben Asylbewerbern aus der Poinger Seerosenschule auch jene sieben Flüchtlinge unterkommen sollen, die seit mehr als einem Jahr im Plieninger Rathaus leben. Zwei von ihnen sind bereits als Asylbewerber anerkannt, die Gemeinde hat aber im Moment keine günstige Wohnung, die sie ihnen zuweisen kann. Aus dem Rathaus müssen sie im Lauf des Jahres ausziehen, weil dort umfangreiche Umbauten geplant sind. Er habe, so Frick, die Verhandlungen zwischen dem Steinhöringer Betreuungszentrum, dem Landratsamt und der Eberl Immobilien GmbH - der Vater der Eigentümerin, Martin Eberl, sitzt im Gemeinderat - am Rande verfolgt und mitbekommen, dass die Verhandlungen im Dezember gescheitert waren. Warum, wisse er aber nicht. Umso überraschter sei er gewesen, dass Mitte Februar die Nachricht vom Landratsamt kam, es könnten nun doch Flüchtlinge einziehen, was vom Eigentümer am Nachmittag des gleichen Tages rückgängig gemacht wurde, mit dem Hinweis, der Brandschutz sei für 30 Leute nicht ausgelegt.

Landratsamt und KJF sind da allerdings ganz anderer Meinung. Es sei ja nur um 24 Personen gegangen, bestätigten beide. Und man habe auch in der Vergangenheit einige der zwölf Zimmer schon mit mehr als einer Person belegt, erklärte die KJF-Leiterin, zwei Köpfe pro Raum seien mit Sicherheit kein Problem. Für die Flüchtlinge aber sei es schon eine große Verbesserung im Gegensatz zu einer Halle, "wenn sie wenigstens mal eine Tür hinter sich zu machen können". Für das Haus sehe die KJF im Augenblick keine alternative Nutzung, "aber für uns als katholische Einrichtung ist es ein Unding, so ein Haus leer stehen zu lassen und Miete zu zahlen, wenn es andererseits für Menschen ein Dach über dem Kopf sein könnte".

Die Helfer standen bereit und hatten schon Fahrräder organisiert

Enttäuscht zeigt sich auch der Sprecher des Plieninger Helferkreises, Gemeinderat Stefan Seizl (Alternative für Pliening). Die Helfer seien schon bereit gestanden, der Arbeitskreis Verkehr habe Fahrräder organisiert. Aber das sei ja nicht das Schlimmste, "wir bedauern, wie man mit den Leuten umgegangen ist, man hätte das vielleicht früher stoppen müssen". Auf eine einseitige Schuldzuweisung wollten sich aber weder Bürgermeister Roland Frick noch der Helferkreissprecher Stefan Seizl einlassen. Er könne das Landratsamt schon verstehen, trotz offenbar nicht eindeutiger Zusagen die Flüchtlinge nach Pliening geschickt zu haben, so Frick. Gesprächsbereitschaft sei ja offenbar da gewesen beim Eigentümer, wenn er über Monate hinweg verhandelt habe. "Vielleicht geht's ja ums Geld", mutmaßt Seizl, vielleicht habe die Eigentümergesellschaft - die sämtliche Stellungnahmen zu dem Fall bisher ihrer Anwaltskanzlei überlassen hat - "eine Wertminderung befürchtet".

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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