Erzbistum München/Freising:Hilfsangebot für Flüchtlinge läuft ins Leere

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Die Diözese stellt Geld bereit, das Flüchtlingen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz helfen soll. Verwendung haben die Pfarreien dafür aber im Augenblick nicht - noch nicht.

Von Isabel Meixner, Ebersberg

Hat ein Flüchtling Deutschland erreicht, ist für ihn erst ein Teil seiner Odyssee geschafft. Asylverfahren durchlaufen und anerkannt werden, Deutsch lernen, Arbeit oder eine Lehrstelle suchen: Es dauert Jahre, bis ein Mensch hier wirklich angekommen ist und Fuß fassen kann. Dass ihm das zumindest in beruflicher Hinsicht besser gelingt, dafür möchte die Erzdiözese München und Freising Sorge tragen. Sie hat für das laufende Jahr ihren Arbeitslosenfonds von 170 250 auf 370 250 Euro aufgestockt. Das Geld soll Flüchtlingen die Suche nach einem Arbeitsplatz erleichtern, indem ihnen beispielsweise einzelne Weiterbildungen gezahlt werden, teilt das Erzbistum in einem Schreiben mit.

Im Landkreis Ebersberg werden die Sondermittel jedoch nicht gebraucht werden, zumindest vorerst nicht. Der Grund: Das Geld kommt nur Flüchtlingen zugute, die bereits als solche anerkannt sind. Im Landkreis leben knapp 500 Asylbewerber, bei etwa 440 läuft das Verfahren noch. In Ebersberg sei erst ein Flüchtling anerkannt worden, sagt Stadtpfarrer Josef Riedl auf Nachfrage: "So begrüßenswert der Vorstoß ist: Bei uns gibt es keinen Fall, wo das passt."

Gleiches ist aus Zorneding, Poing, Grafing und Vaterstetten zu hören, den Gemeinden, in denen die meisten Asylbewerber im Landkreis untergebracht sind. "Ich finde das hervorragend", lobt der Grafinger Pfarrgemeinderat Hans Rombeck das Erzbistum. Die Zahl der anerkannten Flüchtlinge könne er in Grafing aber an ein bis zwei Händen abzählen. "Auf das Geld wird man sicher zurückgreifen." Mit dem Geld könne Flüchtlingen beispielsweise dabei geholfen werden von einem Hilfsarbeiterjob wegzukommen, um eine Ausbildung zu beginnen, sagt Rombeck: "Das heißt nicht, dass wir das Geld mit der Gießkanne ausschütten, sondern projektbezogen einsetzen."

Pro Flüchtlinge können die katholischen Gemeinden ein halbes Jahr lang bis zu 300 Euro pro Monat beantragen oder einzelne Projekte bis zu 1800 Euro. Die Gelder aus dem Arbeitslosenfonds des Erzbistums werden nachrangig ausgezahlt, heißt es; das bedeutet, dass sie erst beantragt werden können, wenn alle staatlichen Hilfen ausgeschöpft sind. Wird für einen neuen Beruf beispielsweise ein Führerschein benötigt, können die Stunden über den Arbeitslosenfonds finanziert werden.

Derzeit hätten die meisten Asylbewerber aber andere Probleme als die Suche nach einem Arbeitsplatz, ist aus vielen Gemeinden zu hören. "Bei Menschen, die nicht anerkannt sind, ist es schon schwierig, ein, zwei Tage Probearbeiten zu organisieren", sagt Pfarrer Riedl. Außerdem säßen viele auf dem Schleudersitz, solange ihr Asylverfahren nicht beendet ist. Auch Josef Stettner kann aus seiner Tätigkeit als Koordinator des Helferkreises Asyl in Vaterstetten und Grasbrunn Beispiele nennen, etwa das eines Vaters von acht Kindern, der keine Arbeitsgenehmigung erhalten hat, obwohl er lange genug in Deutschland ist. Viele Flüchtlinge könnten noch nicht mal die lateinischen Buchstaben lesen, die müssten ihnen erst beigebracht werden, sagt Stettner: "Die Leute lernen Deutsch, dann suchen sie eine Wohnung. Die Arbeitssuche hat da momentan Priorität drei."

Bei aller Einschränkung loben Pfarrgemeinden und Helferkreise die Initiative der Kirche. Zornedings Pfarrer Oliver Ndjimbi-Tshiende spricht von einem Akt der Nächstenliebe: "Ich hoffe, dass die Leute sehen, dass sich die Kirche nicht vom Evangelium entfernt hat." Gleichwohl wird bei dem Thema immer wieder ein Punkt kritisch angesprochen: der bürokratische Aufwand, der für einen Antrag betrieben werden muss. Wie Ebersbergs Pfarrer Riedl sagt, sei es Aufgabe der Pfarreien zu prüfen, ob alle staatlichen Hilfsmittel ausgeschöpft worden sind. Das sei ein zusätzlicher Aufwand.

Auch Stettner nennt den Antrag "eine komplizierte Geschichte". Darin solle unter anderem genau aufgelistet werden, welche Einkommensverhältnisse der Flüchtling hat, wie viel Kindergeld er bezieht, wie viel Arbeitslosengeld, wie viel Wohngeld. "Es ist schwierig, das alles in Erfahrung zu bringen", sagt der Koordinator des Vaterstettener Helferkreises. "Drei Kreuze machen geht da nicht."

© SZ vom 07.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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