Erding/Ebersberg:Rotes Kreuz übernimmt Frauenhaus

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Der Erdinger Kreisverband des BRK ist der einzige Bewerber. Am 1. März 2018 wird der bisherige Träger abgelöst

Von Florian Tempel, Erding

Das Frauenhaus Erding wird vom 1. März kommenden Jahres an vom Erdinger Kreisverband des Roten Kreuzes (BRK) betrieben und nicht mehr vom Sozialdienst katholischer Frauen München (SkF), der seit der Gründung vor 25 Jahren Träger des Frauenhauses Erding ist. Das hat der Kreisausschuss nach SZ-Informationen am Montagnachmittag beschlossen. Das Frauenhaus wird auch vom Landkreis Ebersberg mitfinanziert, dort gibt es kein eigenes Frauenhaus.

Der BRK-Kreisverband hatte als einziger Sozialverband eine gültige Bewerbung für die Trägerschaft des Frauenhauses abgegeben. Der SkF hatte die in der Ausschreibung gemachte Voraussetzung, künftig mit nur 120 000 Euro Zuschuss auszukommen, nicht erfüllt. Der SkF benötigte zuletzt 160 000 Euro kommunaler Zuwendungen. Andere Fachverbände, die in Frauenhausarbeit erfahren sind, wie die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas und die Diakonie, hatten es abgelehnt, bei einer Deckelung auf 120 000 Euro ein Angebot abzugeben. Wie das Rote Kreuz beim Frauenhaus mit so viel weniger Geld als der SkF auskommen will, wurde nicht bekannt.

Der umstrittenen Entscheidung war eine Sondersitzung des Kreistags unmittelbar vorausgegangen. Die außerordentliche Sitzung war von SPD, Freien Wählern, Grünen und ÖDP gemeinsam beantragt worden, da die Kreisräte dieser Fraktionen beklagten, dass das Thema Frauenhaus bisher in keinem politischen Gremium offen und öffentlich diskutiert worden war. Die Vertreter dieser Fraktionen kritisierten die Kündigung des SkF scharf. Die Pastettener Bürgermeisterin Cornelia Vogelfänger übte ebenso klar Kritik, ihr Statement war die bis dato erste offen-kritische Stimme aus den Reihen der CSU.

Vogelfänger sagte, es sei notwendig, dass ein Träger, "der Erfahrung mit Frauenhäusern, erfahrene Mitarbeiterinnen, ein erfahrenes Team von Ehrenamtlichen und ein großes Netzwerk hat", das Erdinger Frauenhaus betreibe. Der SkF erfülle diese Bedingungen und leiste seit 1992 "hervorragende Arbeit". Da das Frauenhaus, die Interventionsstelle und ein Frauennotruf "in die Hand eines Trägers" gehörten, "gibt es für mich nur eine Entscheidung: Das Frauenhaus bleibt in der Trägerschaft des SkF". Das Rote Kreuz habe "womöglich aus Unerfahrenheit" ein "zu günstiges Angebot abgegeben", was dem Kreisverband langfristig schaden könnte.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Ulla Dieckmann kritisierte die im Februar vom Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) alleine getroffene Kündigung als "einsame Entscheidung", die "unserem Demokratieverständnis zutiefst widerspricht". Ferner plädierte sie dafür, den Erdinger BRK-Kreisverband nicht als neuen Träger zu nehmen, weil er "völliges Neuland" betreten würde, da das Rote Kreuz in ganz Bayern kein Frauenhaus betreibe. Die Deckelung des Zuschussbedarfs auf 120 000 Euro sei "nicht seriös".

Helga Stieglmeier, Sprecherin der Grünen im Erdinger Kreistag, kritisierte die 120 000 Euro-Obergrenze als "unsinnig" und "willkürlich". Der Landkreis müsse keineswegs in derartige Weise beim Frauenhaus sparen. Sie warf Bayerstorfer vor, er habe bei der Kündigung und in den folgenden Monaten "mit Unterstellungen und Behauptungen agiert, Ehrenamtliche beleidigt" und versucht die Kreisräte zu manipulieren". Sie sei "erschüttert, wie auf dem Rücken betroffener Frauen Politik gemacht wird". Manfred Slawny (SPD) nannte Bayerstorfers Redeverbot für Kreisräte in der Kreistagssitzung im Juli "schwer verletzend". Er hoffe, dass er in Zukunft nicht noch einmal "so brüskiert" werde. Auch Georg Els, der Fraktionschef der Freien Wähler, kritisierte, dass "das Rede- und Fragerecht der Kreisräte unterbunden wurde".

Bayerstorfer verteidigte seine Vorgehensweise mit rechtlichen Zwängen. Nach seiner Darstellung, die von Juristinnen des Erdinger Landratsamts gestützt wurde, hat man nach dem Ausstieg des Landkreises Freising aus der gemeinsamen Finanzierungsvereinbarung dem SkF kündigen müssen: "Das wurde mir seitens der Verwaltung nahegelegt." Die Neuausschreibung sei eine weitere gesetzliche Pflicht gewesen. Der Betrag von 120 000 Euro sei nicht seine Vorgabe, sondern von Mitarbeitern des Landratsamtes als angemessen beurteilt worden.

© SZ vom 27.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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