Emmering:Wenn ein Gemeinderat aus Protest geschlossen den Sitzungssaal verlässt

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Die Botschaft des Gremiums ist klar: Emmerings Bürgermeister Max Maier soll zurücktreten. Es stehen schwere Vorwürfe im Raum.

Von Barbara Mooser, Emmering

Es ist 21.37 Uhr, als Bürgermeister Max Maier glaubt, es sei genug geredet. "Jetz dea ma weida", sagt er, doch da hat er sich getäuscht. "Na, jetz gemma", sagt sein Fraktionskollege und Namensvetter Max Maier, schiebt seinen Stuhl zurück, packt seine Unterlagen und verlässt den Sitzungssaal - genau wie alle anderen elf Emmeringer Gemeinderäte.

Gerade hat der Bürgermeister den Rücktritt abgelehnt, den das gesamte Gremium - inklusive seiner eigenen "Bürger für Emmering" - gefordert hat. Der kollektive Auszug aus dem Saal noch vor dem Ende der Sitzung ist eine Demonstration gegen den Bürgermeister, ein weiteres Zeichen dafür, wie heillos zerrüttet das Verhältnis inzwischen ist. Dass Maier trotzdem partout sein Amt behalten möchte, liegt auch am Geld: Er fürchtet um den "Ehrensold", wie man eine Art Altersversorgung für Bürgermeister nennt.

Bereits in den öffentlichen Sitzungen der vergangenen Monate war jedem klar geworden, dass sich zwischen dem Bürgermeister und den Gemeinderäten ein gewaltiger Riss aufgetan hat. Noch härter zur Sache ging es offenbar, wenn die Zuhörer schon daheim waren, wie jetzt deutlich wurde. Bereits bei der nichtöffentlichen Sitzung am 9. November hatten elf von zwölf Gemeinderäten Max Maier aufgefordert, zum 1. Mai sein Amt niederzulegen.

Inzwischen hat sich auch der letzte Gemeinderat dieser Forderung angeschlossen, und man mag auch nicht mehr hinter verschlossenen Türen streiten: Johann Egger von der Freien Wählergemeinschaft forderte den Bürgermeister bei der Sitzung auf, öffentlich Farbe zu bekennen.

Das Klima ist am Tiefpunkt angelangt

Ihren Frust redeten sich am Donnerstagabend mehrere Gemeinderäte von der Seele, am nächsten Morgen gab das Gremium eine gemeinsame Presseerklärung heraus: "Der Bürgermeister fügte den Interessen der Gemeinde Emmering durch unzureichende Kommunikation mit der Verwaltung erheblichen Schaden zu. Verbesserungsvorschläge aus dem Ratsgremium und anderer Stellen setzte er nicht oder nur unzureichend um", heißt es darin.

Das Klima sei auf einem Tiefpunkt, ein Miteinander sei inzwischen unmöglich. "Die Gemeinde Emmering darf nicht für Aufträge ohne Ratsbeschlüsse und Beschlussvorschläge mit gesetzeswidrigem Inhalt sowie Verquickung von Privatinteressen mit dem Bürgermeisteramt stehen", schreiben die Gemeinderäte weiter. Mit dem Rücktritt solle Maier "weiteren Schaden von der Gemeinde abwenden".

Maier wies in der Sitzung die Vorwürfe zurück, auch die der persönlichen Vorteilsnahme - dabei soll es um den Kauf eines Anwesens gegangen sein, Details nannten aber weder Maier noch Vertreter des Gemeinderats. Würde er zurücktreten, so Maier, würde er damit indirekt auch einräumen, dass die Vorwürfe einen Hintergrund hätten. Überdies müsste bei einem Rücktritt vor Ende der zweiten Amtszeit der Gemeinderat seinen Ehrensold bewilligen, "und das bezweifle ich", sagte der Bürgermeister.

Tatsächlich gibt es nach Auskunft von Andreas Wenzel, Fachmann bei der Rechtsaufsicht im Landratsamt, hier Unterschiede zwischen ehren- und hauptamtlichen Bürgermeistern. Während einem hauptamtlichen Bürgermeister nach zwei Wahlperioden oder mindestens zehn Jahren im Amt auf jeden Fall der Ehrensold zustehe, gebe es diesen Automatismus bei ehrenamtlichen Bürgermeistern nicht.

Von Mai an könnte der Bürgermeister den Ehrensold erhalten - theoretisch

Hier ist es zwar theoretisch auch möglich, nach zehn Jahren im Amt den Ehrensold zu erhalten - bei Maier wäre dieser Zeitpunkt im Mai erreicht -, doch müsse der Gemeinderat dies genehmigen. In Emmering soll es bereits hinter den Kulissen Versuche gegeben haben, einen entsprechenden Kompromiss mit dem Bürgermeister auszuhandeln, allerdings offenbar bisher ohne Erfolg.

Wie es nun in Emmering weitergeht, ist unklar. So etwas wie ein konstruktives Misstrauensvotum gibt es in der bayerischen Kommunalpolitik nicht, auch ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen ehrenamtlichen Bürgermeister kann in Bayern nicht eingeleitet werden. Eine neue Strategie könne man daher nun nicht verfolgen, sagt Gemeinderat Max Maier, die Möglichkeiten des Gemeinderats seien ausgeschöpft.

Wegen ihres Auszugs aus dem Rathaus noch vor dem Ende der Sitzung dürften die Gemeinderäte immerhin keine Konsequenzen zu erwarten haben: Zwar verstießen sie laut Wenzel in diesem Moment gegen ihre Pflichten als Gemeinderäte, was theoretisch mit einem Ordnungsgeld geahndet werden könnte. Doch so ein Ordnungsgeld können weder der Bürgermeister noch die Verwaltung verhängen - das wäre Sache des Gemeinderats selbst.

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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