Ebersberg:Signale setzen

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Grafinger Stadtrat lehnt die Erhöhung der Grundsteuer ab

Von Thorsten Rienth

Grafing - Die vom Bündnis für Grafing (BfG) angedachte Erhöhung der Grundsteuer ist zumindest vorerst vom Tisch. Die restlichen Fraktionen haben den Vorschlag in der Stadtratssitzung am Dienstagabend geschlossen abgelehnt. Allen voran Grüne und CSU gingen das Bündnis scharf an. Die inhaltliche Auseinandersetzung um die möglichen Zusatzeinnahmen von jährlich etwa 430 000 Euro machte dabei allerdings den kleineren Teil aus. Im Mittelpunkt der Kritik stand der Politikstil des BfG.

Geht es nach dem Bündnis soll der Hebesatz der Grundsteuer A von 250 auf 300 Punkte und bei der Grundsteuer B umgehend von 300 auf 400 Punkte erhöht werden. Klinge viel, sagte BfG-Chef Heinz Fröhlich, sei aber wenig. "Ein Reihenhausbesitzer, der heute im Jahr 183 Euro Grundsteuer B bezahlt, würde dann etwa fünf Euro pro Monat mehr bezahlen." Die Mehrbelastung bei Landwirten und Forstbesitzern würden monatlich zwei Euro zusätzlich bedeuten. Trotz der geringen Belastung für den Einzelnen, bringe die Erhöhung der Stadt 427 000 Euro im Jahr.

Argumente wie diese gingen in der Debatte allerdings schnell unter. Denn Fröhlich schaltete auf Angriff. In den Vorberatungen des Haushalts habe er mehrmals eine "Besprechung zur Verbesserung der Einnahmen im Haushalt 2015 vorgeschlagen und erbeten". Weder Haushaltsrunde, Finanzausschuss noch die Bürgermeisterin hätten aber darauf eingehen wollen, klagte er. Daher würde er nun per Antrag den Weg über die Öffentlichkeit wählen.

Als Fröhlich schließlich fertig war, ergriff Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) das Wort. Sie war sichtlich empört über den Vorwurf, das BfG-Anliegen sei gebremst worden. "Ihr habt nur gesagt, ihr wollt über Einnahmenerhöhungen reden", konterte sie. "Wenn ihr das ausführlich diskutieren wollt, dann stellt einen konkreten Antrag und dann setzen wir uns zusammen und diskutieren das! Sich aber erst nicht richtig zu beteiligen und dann hinterher so etwas vom Zaun zu brechen: Da werde ich grantig!"

Die Breitseite ans BfG ging weiter. Nun ging es um Fröhlichs vom Blatt abgelesene und etwa zehnminütige Antragsbegründung. "Wenn ich solche langen Seiten in der Beschlussvorlage erst in der Sitzung herausrücke, dann muss ich mir zu Recht anhören, dass die Leute hier so etwas vorher sehen wollen", schimpfte Obermayr. Tatsächlich ist es im Stadtrat die Regel, ausführliche Antragsbegründungen vorher zu verteilen - damit sich der Rest des Gremiums auch darauf vorbereiten kann.

Prompt bekam die Bürgermeisterin Rückendeckung aus der CSU. "Du hast meine volle Unterstützung", sagte CSU-Chef Sepp Carpus, der das längst nicht nur auf die Kritik am BfG bezog. Denn Obermayr hatte sich gewissermaßen an die Spitze der Grafinger Steuererhöhungsgegner gestellt. "Wir waren uns einig zu sparen - ein Signal an die Grafinger zu geben: Ja, wir wollen sparen und wir können das auch", argumentierte sie. "Sind Sie sich bewusst, welch fatale Wirkung auch nur jegliche Diskussion um Steuererhöhungen zum jetzigen Zeitpunkt haben?" Die Stadt vermarkte gerade ein Gewerbegebiet. Steuererhöhungen implizierten, dass der Stadtrat nicht davor zurückschrecke, Belastungen auf Bürger und Gewerbetreibende abzuwälzen. "Mein Ziel ist, ein Signal zu geben, dass wir verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen."

CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg hob die Debatte noch eine Ebene höher. "Der Antrag vom BfG sagt: Jetzt gib' mir mal dein Geld und dann schenke ich dir was Schönes." Diese Methoden würden er und die CSU nicht mitmachen.

Unverständnis rief auch der Zeitpunkt des Antrags hervor. Geht es nach dem BfG, sollte die Erhöhung bereits im laufenden Jahr greifen - obwohl der Haushalt 2015 in der Sitzung am Dienstag final zur Abstimmung stand.

"Der Finanzausschuss hat die Papiere längst erstellt", sagte Grünen-Stadtrat Sepp Biesenberger. "Und jetzt kommt man daher und sagt: Hoppla, wir haben da noch etwas." Auch die Verwaltung warnte. Würde man das Paket Haushalt nun mit der neuen Grundsteuer wieder aufschnüren, könnte der Etat nicht wie geplant verabschiedet werden. "Die haushaltslose Zeit, in der die Stadt nur eingeschränkten Handlungsspielraum für Investitionen und sonstige Ausgaben hat, würde sich verlängern." Zusätzlich dürfte die Diskussion beginnen, was mit den zusätzlichen 427 000 Euro wohl am besten zu finanzieren sei.

Dass die Grundsteuerhebesätze im Landkreisvergleich dauerhaft unterdurchschnittlich bleiben, ist dennoch unwahrscheinlich. Die SPD-Ortsvorsitzende Regina Offenwanger etwa bezeichnete die Diskussion darüber als "Stoff für die Haushaltsberatungen im nächsten Jahr". Christian Einhellig (Freie Wähler) appellierte an eine differenzierte Betrachtung der Steuerfrage. "Natürlich müssen wir auch über Einnahmen reden", sagte er. "Wir dürfen - und das passiert leider gerade - den Bürger aber nicht überrumpeln." Gleichwohl verlangte er vom Stadtrat Ehrlichkeit, gerade was mögliche künftige Mehreinnahmen angeht. "Wir haben viele Pluspunkte in dieser Stadt, aber die kosten nun einmal Geld."

Mit Ausnahme des BfG stimmte der Stadtrat schließlich gegen die Erhöhung der Grundsteuer. Der Beschluss über den Haushalt 2015 aus dem Finanzausschuss nahm der Stadtrat im Gegenzug ohne Änderungen an. Hier wiederum votierte nur das BfG dagegen.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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