Brummton in Steinhöring:Verursacher im Fokus

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Sechs Wochen lang soll nun intensiv gesucht werden, woher der mysteriöse Brummton in Steinhöring kommt. Die Reaktion der Betroffenen auf die Kostenbeteiligung fällt unterschiedlich aus.

Von Carolin Fries, Steinhöring

Mit einem Brief will die Gemeinde Steinhöring die Sprecher der Brummton-Geschädigten in diesen Tagen über die finanzielle Beteiligung an einem weiteren Gutachten zur Ursachensuche informieren. Der Steinhöringer Gemeinderat kam zu dem Schluss, dass die Betroffenen ein Viertel der Kosten tragen sollen. Auslegen werde die Gemeinde das Geld nicht. "Ich will eine feste Zusage oder das Geld sehen", sagt Steinhörings Bürgermeister Alois Hofstetter (CSU). Allerdings erst, wenn die tatsächlichen Kosten feststehen. Das soll im März der Fall sein. Hofstetter rechnet mit einem Betrag zwischen 60 000 und 90 000 Euro.

Mancher Betroffener bezweifelt die Solidarität der Gemeinde

Dass die Gemeinde die Bürger finanziell an der Suche nach der Ursache des mysteriösen Brummtons beteiligen will, unter dem seit Jahren zunehmend mehr Menschen leiden, ist laut Hofstetter auf Zustimmung ebenso wie auf Ablehnung getroffen. "Es gab Leute, die gesagt haben, sie zahlen auch 500 Euro, wenn es dann was bringt", erzählt er.

Andere wiederum hätten die Solidarität der Gemeinde in Zweifel gezogen, die sich ebenfalls mit 25 Prozent an den Kosten beteiligen wird. Die Hälfte der anfallenden Kosten trägt der Landkreis, der das Gutachten,welches vom Landesamt für Umwelt (LfU) begleitet werden soll, in Auftrag gibt.

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Warum die Gemeinde nicht mehr Geld in die Hand nimmt? "Weil es sich um eine freiwillige Leistung handelt", wie Hofstetter sagt und das Brummen lediglich ein Prozent der Gemeindebürger betreffe. "Wir stellen fast jede freiwillige Leistung infrage", betont er.

Henning Böhm, der das Brummen seit Jahren nahezu täglich hört und gesundheitlich darunter leidet, befürwortet eine finanzielle Beteiligung der Betroffenen - allerdings "in einem verträglichen Rahmen". 25 Prozent der Gesamtkosten auf die Schultern jener zu verteilen, die unter dem Brummen leiden, erscheint ihm zu hoch.

Er selbst hat zuletzt Unterschriften gesammelt, um herauszufinden, wie viele Steinhöringer den tieffrequenten Ton überhaupt wahrnehmen. Auf einen Aufruf der Bürgermeisters im Gemeindeblatt hatten sich nur etwa 40 Menschen gemeldet. Bei Böhm standen schließlich etwa einhundert Namen auf den Listen. Von manchen, die nicht unterschrieben haben, weiß er, dass sie das Geräusch ebenfalls hören.

Im Schnitt muss jeder Betroffene 225 Euro zahlen

Würde das Gutachten tatsächlich 90 000 Euro kosten, müsste im Schnitt jeder, der auf Böhms Liste unterschrieben hat, 225 Euro zahlen. Böhm fände 100 Euro ausreichend, schließlich seien auch Familien betroffen, die mit mehreren Namen auf der Liste auftauchen oder aber Rentner, denen wenig Geld zur Verfügung steht.

Er bedauert, dass es vor allem um die Finanzierung geht und nicht um das Konzept, das hinter dem Gutachten steht. Böhm ist aber überzeugt, dass man das Geld schon aufbringe, wenn es ein vielversprechendes Messkonzept gibt. "Jetzt das Geld einzutreiben ist in etwa so, als nehme man ein Darlehen für ein Haus auf, das man gar nicht kennt."

Mehrmals hatten die Betroffenen gefordert, in allen Betriebszuständen der Transalpinen Öl (TAL) GmbH sowie des Mineralölkonzerns OMV Messungen im Gemeindegebiet durchzuführen. Die Konzerne, welche Rohöl aus dem Triester Hafen bis nach Burghausen durch unterirdische Rohre pumpen, kommen als mutmaßliche Verursacher in Frage.

Die Firmen bestreiten, Verursacher des Brummens zu sein

Sie berufen sich allerdings auf ein gemeinsames Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2014, wonach eben solche Messungen bei Betrieb und Stillstand erfolgt seien. "Die gemessenen Schwingungen im Erdreich unmittelbar an den Emissionsorten weisen nur äußerst geringe Schwingungsamplituden auf und liegen zum Teil bis zum Faktor 10 bis 100 unter der Wahrnehmungsschwelle des Menschen", heißt es von einer Unternehmenssprecherin der TAL. Eine Schwingungsübertragung aus dem Betrieb der OMV/TAL Anlagen in Bereiche von etwa 1,7 Kilometern Entfernung könne ausgeschlossen werden.

Ein zur gleichen Zeit angefertigtes Gutachten im Auftrag des Landratsamtes hat die tieffrequenten Töne ausmachen können, in Zaißing überschritten diese sogar eine geltende DIN-Norm. Man gehe mit hoher Wahrscheinlichkeit von Vibrationen technischer Anlagen aus, hieß es. Nachträglich musste das Ergebnis korrigiert werden, weil ein Kühlschrank nicht ausgeschaltet gewesen war. Als Erkenntnis blieb der Umstand, dass haustechnische Anlagen im Einzelfall einen verstärkenden Beitrag leisten können - und die Empfehlung einer Langzeituntersuchung.

Diese soll nun im April über sechs Wochen durchgeführt werden. Nach der Auswertung würden die Daten vom Landesamt für Umwelt überprüft. "Niet- und nagelfest" müsse das Gutachten sein. Hofstetter erhofft sich "Ergebnisse, die niemand mehr anzweifeln kann".

Die Anwohner wünschen sich nur eins: Klarheit

Darauf setzen auch die Betroffenen um Henning Böhm. Von einer finanziellen Beteiligung erhoffen sie sich zudem eine Einbindung, was den Gutachten-Auftrag als auch die Auswertung betrifft, was Hofstetter zusichert. Er hat nur noch einen Wunsch: Das endlich klar ist, woher das Brummen kommt. "Wenn es ums Wegmachen geht, da streite ich mich mit jedem", verspricht er.

Seitens der OMV und der TAL GmbH wird ein technischer Sachverständiger die Messungen begleiten. Auf der Homepage des Unternehmens heißt es aber pessimistisch, dass es "sehr wahrscheinlich erneut zu keinem greifbaren Ergebnis und keiner Verursacherquelle führen werden". Das Unternehmen schlägt in diesem "schwierigen und außergewöhnlichen Fall" eine "erweiterte Ursachenforschung" vor.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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