Bruck:Bald dreht sich was

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Trotz des noch laufenden Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht haben die Arbeiten für das seit Jahren umstrittene Windrad im Brucker Moos begonnen. Bereits im Dezember soll es in Betrieb gehen

Von Wieland Bögel, Bruck

Das seit Jahren umstrittene Windrad bei Hamberg im Brucker Moos wird gebaut. Die Erdarbeiten an dem Projekt haben dank einer speziellen Genehmigung aus dem Landratsamt bereits begonnen, bis zum Jahresende soll die 140 Meter hohe Anlage betriebsbereit sein. Ob sie dann allerdings auch wirklich in Betrieb gehen kann, hängt von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ab.

Dort läuft derzeit eine Klage gegen die vom Landratsamt erteilte Baugenehmigung. Eine Entscheidung dürfte noch in diesem Jahr fallen, sicher ist dies aber nicht. Dem Bauwerber, mehrere in der Osterkling GmbH zusammengeschlossene Landwirte, die den Bau des Windrads auf den Weg brachten, kann es nicht schnell genug gehen. Grund ist die Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG). Mit Beginn des kommenden Jahres sinkt die Einspeisevergütung. Soll die Anlage also rentabel sein, muss sie heuer noch Strom produzieren, erklärt Hans Zäuner, Sprecher der Osterkling GmbH: "Spätestens am 31. Dezember muss das Windrad ans Netz."

Die potenziellen Betreiber rechnen mit einem Sieg vor Gericht

Auf einer bewaldeten Kuppe über Hamberg haben die Bauarbeiten für das erste Windrad im Landkreis begonnen. Proteste verzögerten den Baubeginn. (Foto: Christian Endt)

Damit dies möglich wird, hat das Landratsamt nun einen vorzeitigen Baubeginn erlaubt. Wie Norbert Neugebauer, Büroleiter von Landrat Robert Niedergesäß, erklärt, ist damit aber lediglich der Bau, nicht jedoch der Betrieb des Windrades genehmigt. Über letzteren muss das Verwaltungsgericht entscheiden - im ungünstigsten Fall darf die Anlage nicht in Betrieb gehen. Mit diesem "worst case" rechnet man indes weder im Landratsamt noch bei den Bauherren. Nach dem bisherigen Prozessverlauf könne man von einer Abweisung der Klage ausgehen, wagt Neugebauer eine Prognose. "Ich glaube nicht, dass wir verlieren", gibt sich auch Zäuner optimistisch. Grund dafür ist, dass in der mündlichen Verhandlung das Gericht eher den Argumenten der Bauwerber zugeneigt schien, die Vorsitzende Richterin Andrea Breit nannte diese "nicht unplausibel".

Es war eines der ersten Windkraftprojekte im Landkreis, das im Jahr 2011 von einigen Landwirten aus dem Brucker Moos angegangen wurde. Zunächst schien das Vorhaben unproblematisch, auch weil damals Windräder noch als privilegierte Vorhaben galten, die außerhalb von Ortschaften ohne großen Verwaltungsaufwand errichtet werden durften. Auch die nächsten Nachbarn waren einverstanden, ein tragfähiges Finanzierungskonzept lag vor, und im Frühjahr 2012 stimmte auch der Gemeinderat Bruck dem Bau zu. Doch dann schien die Glückssträhne der potenziellen Windmüller auch schon wieder beendet: Zunächst protestierten Bewohner benachbarter Ortschaften. Sie gründeten sogar eine Bürgerinitiative und sammelten Unterschriften gegen das Projekt. Unterstützung bekamen sie dabei vom Landesbund für Vogelschutz. Dieser warnte davor, dass das Windrad eine Gefahr für den seltenen Baumfalken bedeuten könnte. Um herauszufinden, ob der vom Aussterben bedrohte Vogel in der Nähe des geplanten Windradstandortes nistet beziehungsweise ob er dort auf Futtersuche geht, wurde der Bau zunächst für ein Jahr ausgesetzt.

Viele seltene Vögel in der Umgebung verzögern das Projekt

Spätestens im Dezember sollen sich hier die Rotoren drehen - sonst verlieren die Betreiber viel Geld. (Foto: Christian Endt)

Aus einem Jahr sind mittlerweile vier geworden, was auch daran liegt, dass sich die Zahl der seltenen Vögel rund um Bruck vermehrte: Die Experten fanden neben dem Baumfalken den nicht weniger seltenen Rotmilan und den Wespenbussard. Daraufhin folgten weitere Untersuchungen und Gutachten, um herauszufinden, wie sich ein Windrad auf die Vogelpopulationen auswirken könnte.

Im Frühling vorigen Jahres schien es dann endlich so weit: Nachdem das Landesamt für Umwelt in einem Gutachten keine Gefahr für seltene Vögel durch das geplante Windrad hatte erkennen können, erteilte das Landratsamt die Baugenehmigung. Allerdings unter Auflagen: So muss die Anlage - aus Rücksicht auf die Nachbarn - nachts so lange im eingeschränkten Betrieb laufen, bis Lärmmessungen am Objekt ergeben, dass der Vollbetrieb nicht mit Belästigungen verbunden ist.

Den Windradgegnern reichten jedoch weder die Expertise des Landesamtes noch die Auflagen des Landratsamtes, sie reichten Klage gegen die Baugenehmigung vor dem Verwaltungsgericht ein. Eine davon, eingereicht von Anwohnern des Nachbarortes Obereichhofen, wurde im April dieses Jahres abgewiesen. Die Kammer teilte die Befürchtung nicht, wonach die Geräusche des von den Klägern rund 900 Meter entfernte Windrades eine Gesundheitsgefährdung darstellten. Auch eine optische Bedrängungswirkung durch die Anlage sei nicht gegeben.

Wesentlich komplexer stellte sich dagegen die Abwägung der Klage der Vogelschützer dar. Dass durch das Windrad unter Umständen Vögel zuschaden kommen könnten, gilt als unstrittig. Die Frage, auf die es aber ankommt, lautet: Lohnt es sich? Laut Einschätzung des Gerichts wäre das der Fall, wenn das Windrad mindestens 60 Prozent der Strommenge produziert, für die der Anlagentyp ausgelegt ist. Kläger wie Beklagte haben Gutachten vorgelegt - erwartungsgemäß prophezeien die Experten der Bauwerber Erträge von über, jene der Vogelschützer unter 60 Prozent.

Sollte die Kammer - wie vom Landratsamt und der Osterkling GmbH erwartet - die Klage abweisen, besteht zwar die Möglichkeit einer Berufung oder Revision. Diese hätte allerdings im Gegensatz zur derzeit verhandelten Klage keine aufschiebende Wirkung, sagt Neugebauer. Die Anlage könnte also trotzdem gebaut und bis auf weiteres betrieben werden.

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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