Bauen:Einfach mal machen

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In Ebersberg diskutieren Lokalpolitiker von FDP und SPD über den Wohnungsmangel im Landkreis

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Alles geht, wenn man nur will, das gilt auch für den Wohnungsbau. Zumindest wenn es nach Ernst Böhm, Alexander Müller und Michael Mattar geht. Die drei stellten auf einer Veranstaltung der FDP im Gasthaus Kugleralm mögliche Lösungen für den Wohnungsmangel vor.

Als Inspiration diente ein Bild, das die Stadt Berlin kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt. Denn zwar liegen heute die Städte nicht mehr in Trümmern, trotzdem gibt es vielerorts das gleiche Problem, wie vor 70 Jahren: Wohnungsmangel. Für Alexander Müller, Gemeinderat in Baiern, Kreisrat und FDP-Landtagskandidat, "das Thema, das die Leute am meisten bewegt" - angesichts der mehr als 50 Zuhörer, die trotz Biergartenwetters erschienen waren, keine zu gewagte Behauptung.

Müller umriss kurz das Problem: Jährlich gebe es in die Region einen Zuzug von etwa 30 000 Personen, im Landkreis Ebersberg seien es etwa 1000 pro Jahr. Was bedeute, dass jedes Jahr im Landkreis mindestens 500 zusätzliche Wohnungen gebaut werden müssten, rund 15 000 in der Region. Dass das nicht passiert, liege zum einen am Staat, so Müller, durch immer mehr Auflagen werde das Bauen zu teuer. Auch die Bürokratie und der Zeitaufwand bei Genehmigungsverfahren sei zu hoch.

Und eigentlich wolle keiner bauen, stellte Ernst Böhm fest. Der Grafinger SPD-Stadtrat und Müllers Kreistagskollege ist Aufsichtsratsvorsitzender der B&O Wohnbau Bad Aibling. "Jeder, Kommunen, Land, Bund und Private, zeigt auf den anderen." Und das sei der große Unterschied zur Nachkriegszeit: "Damals wollten alle bauen". Heute dagegen "haben manche Leute für jede Lösung zwei Probleme", größere Bauprojekte scheiterten oft am Widerstand von Behörden genauso, wie von Anwohnern.

Das hat auch Michael Mattar, FDP-Stadtrat in München und dort im Ausschuss für Stadtplanung, beobachtet: "Alle sind für Nachverdichtung, aber alle sind dagegen, dass es vor ihrer eigener Haustür passiert." Zudem habe die Stadt viel zu spät auf das Problem des Wohnungsmangels reagiert. Jahrelang sei zu wenig und auch zu wenig dicht gebaut worden. Wohn-Hochhäuser waren lange verpönt, erst in jüngster Zeit habe sich - etwa bei der Überplanung des Geländes der Bayernkaserne - die Erkenntnis durchgesetzt: "Ein Ballungsraum ist eben nicht das Allgäu, da geht es nun mal dichter zu."

Auch bei den Kommunen im Umland bräuchte es ein Umdenken, findet Böhm, etwa beim sozialen Wohnungsbau. Er und Müller lobten ausdrücklich das im vorvergangenen Jahr vom Landkreis gegründete Wohnungsbauunternehmen (WBE). Brigitte Keller, Kreiskämmerin und kaufmännischer Vorstand der WBE, stellte kurz das Modell vor: gebaut wird auf Grundstücken der Gemeinden, nach 20 Jahren geht das Haus auf diese über, die Kommunen haben außerdem das Belegungsrecht für die Wohnungen.

Doch die Kommunen seien hier viel zu zögerlich, sagt Böhm: "Jede Gemeinde hat, wenn sie will, 800 bis 1000 Quadratmeter", wo ein Haus mit 20 bis 30 Wohnungen hinpasse. Würden alle 21 Landkreiskommunen einsteigen, "wäre das Ärgste behoben". Böhm warb auch erneut für seine Idee, Parkplätze zu nutzen. Diese bleiben dabei erhalten, sie liegen dann einfach quasi im Erdgeschoss des neuen Hauses. In Grafing käme dazu der Parkplatz am Waldfriedhof in Frage, so Böhm, dies habe er seinen Stadtratskollegen auch vorgeschlagen, "aber es ist zäh."

Warum die Stadt hier nicht in die Gänge komme, wollte Wolfgang Spieth, FDP-Gemeinderat aus Poing, wissen. "Vielleicht ist die Not nicht groß genug", meinte Böhm, was nicht nur für seine Heimatstadt gelte: "Grafing ist überall." Der Meinung war auch Ewald Silberhorn aus Poing und früherer FDP-Kreisvorsitzender: "Es fehlt an Mut in den Kommunen." Was aber kein neues Problem sei, wie der Grafinger Josef Emberger, Gründer des gleichnamigen Bauunternehmens und Ex-CSU-Stadtrat, anmerkte. "In Grafing wäre viel möglich gewesen, wenn der Stadtrat gewollt hätte." Und warum hätten sie nicht gewollt? "Weil man nicht mag."

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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