Ausstellung in Ebersberg:Wider die Beliebigkeit

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Sechs Mitglieder der Gruppe "Art Sieben" zeigen bei ihrer ersten Ausstellung daheim, nämlich im Ebersberger Grundbuchamt, Kunst mit Niveau

Von Anja Blum

Ernsthaftigkeit und Anspruch - das verbindet die Mitglieder der Künstlergruppe "Art Sieben", deren Werke nun im Ebersberger Grundbuchamt zu sehen sind. Man sei ein Zusammenschluss "gegen die Beliebigkeit im Ausstellungsbetrieb", formuliert es Peter Dubina: Man empfinde jedenfalls ein gewisses Unbehagen angesichts einer Überfülle von Vernissagen in der Region von teils fragwürdiger Qualität. Art Sieben wollen diesem Trend Kunst mit Niveau entgegensetzen - und die erste Schau im Landkreis zeigt, dass das gelingt.

Die sieben Mitglieder der Gruppe kennen sich bereits lange aus diverser Zusammenarbeit, sei es in den Kunstvereinen von Ebersberg und Wasserburg oder von Ausstellungen. Und über die Jahre habe man sich eben schätzen gelernt, sagt Vera Schüller und strahlt übers ganze Gesicht. "Die Chemie stimmt einfach, vor allem reden wir alle sehr gerne über künstlerische Themen." Seit zwei Jahren existiert nun Art Sieben als feste Gruppe, die sich regelmäßig zum Austausch trifft. Immer reihum in einem der Ateliers, immer werden Arbeiten und Ideen besprochen.

Intensive Farben: Eine Arbeit von Ingrid Wieser-Kil. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch eine erste gemeinsame Ausstellung haben die Sieben heuer bereits bestritten, allerdings in der Ferne, in Bratislava, der Heimat des Ebersberger Fotografen Georg Juranits. Eine tolle Sache sei das gewesen, schwärmen die Künstler, etwa 600 Menschen hätten die wundervolle Galerie besucht. Und die Gruppe sei durch den Ausflug noch fester zusammengerückt: "Das war wie eine Woche Jugendherberge", sagt Schüller und lacht. Doch Art Sieben will freilich auch in der Heimat präsent sein, weswegen man sich um eine Schau in der Galerie der "Sonntagsidee" im Grundbuchamt bemühte. Eröffnet wird die Ausstellung an diesem Sonntag, 24. September, um 11 Uhr, zu sehen gibt es in den historisch-extravaganten Räumlichkeiten alle Spielarten von Kunst: Malerei, Collagen, Skulpturen, Objekte und Fotografie.

Als erstes sticht eine Installation von Susanne Weyand ins Auge: Die Steinhöringerin hat an der Decke zahlreiche Stethoskope befestigt, an denen Ohren aus Glas hängen. "Mich faszinieren solche funktionalen Dinge", sagt sie - die unter ihren Händen freilich verfremdet und mit Bedeutung aufgeladen werden. Im Zentrum steht dabei der Gedanke von Umwelteinflüssen und Manipulationen, denen der Mensch ausgesetzt ist. Weyands Arbeiten kommen jedoch nicht brachial daher, ganz im Gegenteil: Gerne benutzt sie Kombinationen, die ihr kritisches Moment erst auf den zweiten Blick offenbaren. Schmuckhaftes etwa, das nicht nur ziert, sondern eine Bürde ist - wie eine Kette mit gläsernen Stacheldrahtelementen.

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Werke von Peter Dubina...

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

...Vera Schüller...

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

...und Georg Juranits machen diese Ausstellung zu einem visuellen Erlebnis.

Mit philosophischen Ansätzen wie der Prägung des Menschen durch äußere Einflüsse und seiner Endlichkeit setzt sich auch Peter Dubina auseinander - sei es beim Thema "Gaffer" oder mit Blick auf die Erziehung: Wie entrückt schwebt eine Dreiergruppe in der Bildmitte, zwei dicke Omas, die das Kind zwischen ihnen scheinbar pausenlos füttern. Der Künstler aus Pfaffing präsentiert zwei Reihen: Ausdrucksstarke, graffitiartige Gemälde und diffizile Collagen, zu denen er Fragmente alter Arbeiten zusammengefügt hat. Sie spielen in ihrer Vielschichtigkeit auch auf die Beschränktheit der menschlichen Wahrnehmung an. "Können wir das große Ganze überhaupt überblicken?"

Kritische Themen - das ist auch Vera Schüllers Metier, allerdings vermitteln ihre Arbeiten ziemlich konkrete politische Botschaften. Da ist zum Beispiel eine Reihe von Keramikobjekten in Schüsselform, die der "Unausgewogenheit des Habens" gewidmet sind. Das ausgehöhlte Innere steht für die Ressourcen, außen hat die Grafingerin Menschen gezeichnet, die rennen, schleppen, sich gegenseitig ausnützen aber auch helfen - um zu dem Ihren zu gelangen. Hinzugefügt hat Schüller eindringliche Zitate von Gandhi und Henry Ford: "Das Geben ist leicht; das Geben überflüssig zu machen, ist viel schwerer." Zwei weitere Arbeiten, archaische Köpfe aus Keramik und Eisenfundstücken, thematisieren das verordnete Schweigen und die Zensur der Gedanken in der Türkei.

Abstrakte Formensprache: Kunst von Heidi Schmidinger. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Um spannende Details geht es hingegen bei Georg Juranits. Der Ebersberger möchte mit seiner Kamera festhalten, "was andere vielleicht nicht sehen". Grafisch anmutende Felsformationen zum Beispiel, den Charme historischer Technik, abstrahierten Eros in knalligen Farben oder "Stoßspuren", die das Leben selbst an hartem Eisen hinterlässt. Mit seinem geübten Blick lässt dieser Künstler den Betrachter jedenfalls immer wieder rätseln und zugleich schmunzeln.

Ähnlich geht Fotografin Heidi Schmiedinger vor, auch sie entdeckt Raritäten im Verborgenen und zeigt Strukturen, die unter Witterungseinflüssen entstanden sind. Allerdings kommt bei den Arbeiten der Wasserburgerin noch die Unschärfe als entscheidendes Moment hinzu. "Ich versuche, durch Bewegung mit der Kamera zu malen, um mich inneren Bildern zu nähern." Seien es in Bewegungsstudien wie ein Tanzbild oder ein rätselhaftes, schwarz-weißes Relief - ist es Wasser, Fels, Rinde? Schmiedinger schafft auf phänomenale Weise Tiefe und Dynamik. Beeindruckend auch das Triptychon "Bindung, Wandlung, Lösung", ein Traumgewirk der Verschleierung.

Kunst aller Spielarten ist nun im Ebersberger Grundbuchamt zu sehen: Ingrid Wieser-Kil, Peter Dubina, Susanne Weyand, Georg Juranits und Vera Schüller zeigen Objekte, Malerei, Collagen und Fotografie. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Völlig "ohne Plan", sondern nur aus der Inspiration der Farbe und dem Moment entsteht dagegen die Kunst von Ingrid Wieser-Kil. "Für mich ist das Malen ein langer Prozess des Suchens", sagt die Aßlingerin, nach intensiven Gefühlen, schönen Erinnerungen oder auch schmerzhaften Momenten. "Ich versuche, dabei ins Unterbewusstsein zu gelangen." Als eine Art "Zeiger" dienen ihr dabei besonders alte, abgeschabte Pinsel, die oftmals kratzige Spuren hinterlassen. So entstehen energiegeladene Gemälde in vornehmlich fröhlich-pastelligen Farben, auf denen das Auge förmlich spazieren gehen kann. Wo es zwischen abstrakten Flächen und eigentümlichen Gebilden forschen kann nach ganz persönlichen Assoziationen.

Aus Termingründen nicht an der Ausstellung beteiligt ist Art-Sieben-Mitglied Ferdinand Wörle, Bildhauer aus Straußdorf.

Ausstellung von "Art Sieben" im Ebersberger Grundbuchamt, Bahnhofstraße 21, Vernissage am Sonntag, 24. September, um 11 Uhr, zu sehen bis 15. Oktober, jeden Sonntag von 11 bis 17 Uhr.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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