Nicht mehr gebraucht:Kein Herz für Tiere

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In der neuen Tierauffangstation in Ebersberg werden immer öfter Hunde und Katzen abgegeben, weil sie ihren Besitzern lästig sind. Dabei ist das Haus dafür gar nicht gedacht.

Von Karin Kampwerth, Ebersberg

Shelly ist so eine bedauernswerte Kreatur. Sieben Jahre lang hatte die zutrauliche Chow-Chow-Hündin mit dem schokoladenbraunen Wuschelfell ein Zuhause. Doch dann - man weiß nicht warum - hatte ihr Besitzer keine Verwendung mehr für das Tier. Er verkaufte es über das Internet. Das neue Herrchen war Shelly schon nach sechs Tagen überdrüssig. "Weil er gemerkt hat, dass er keine Zeit für einen Hund hat, hat er sie einfach bei uns abgegeben", sagte Evelyn Bauer.

Und so fiel das Resümee, das die Vorsitzende des Ebersberger Tierschutzvereins bei der Jahreshauptversammlung auf der Ebersberger Alm am Samstagnachmittag zog, wenig euphorisch aus. Was allerdings nicht an der Arbeit des Vereins und seiner vielen Ehrenamtlichen lag, sondern daran, dass Bauer feststellte: "Immer häufiger werden bei uns Tiere einfach abgegeben, weil sie zuvor gedankenlos angeschafft wurden."

Dabei sei der Verein gar nicht verpflichtet, die Tiere in der neuen Auffangstation aufzunehmen. Denn der Zweck des im vorigen November in Betrieb genommenen Gebäudes sei, eine Unterkunft für Fundtiere zu schaffen, die in den vergangenen Jahren auf private Pflegestellen verteilt werden mussten. "Aber was sollen wir denn machen, wenn einer bei uns anruft und sagt, dass sein Hund keinen Tag länger bleiben kann", klagte Bauer.

Evelyn Bauer beklagt, dass immer häufiger Tiere abgegeben werden, weil ihre Besitzer das Interesse an ihnen verlieren. (Foto: Christian Endt)

Wie notwendig die Auffangstation ist, die von den 21 Landkreisgemeinden mit finanziert wird, dokumentieren die Zahlen. So wurden im vergangenen Jahr an die 400 Tiere aufgenommen, darunter 69 Hunde und 119 Katzen sowie Kaninchen, Vögel und Hamster. Auch in diesem Jahr wird die Zahl der Tiere ähnlich hoch sein. Bauer zufolge haben bis zum 20. April bereits 98 Tiere, darunter 46 Katzen und 22 Hunde, vorübergehend Unterschlupf gefunden.

Die Fundtiere blieben meist ein oder zwei Tage in der Auffangstation, dann seien über die Polizei und die Organisation Tasso die Besitzer ausfindig gemacht - wenn die Tiere denn überhaupt vermisst werden. Zur Zeit befinden sich in der Auffangstation 20 Katzen, ein Meerschweinchen, ein Kaninchen - und Hündin Shelly, für die es bislang nicht gelungen ist, ein Zuhause zu finden. Bauer geht davon aus, dass die bevorstehende Urlaubszeit mit Pfingst- und Sommerferien der Grund dafür ist. "Da wollen die Leute in Urlaub fahren und schaffen sich kein Tier an", sagte sie.

Bei allem Mitgefühl für die herrenlosen Haustiere kann sich der Verein wenigstens darüber freuen, dass er finanziell solide aufgestellt ist. Mitgliedsbeiträge, Spenden und Erbschaften füllen das Sparkonto mit derzeit 170 000 Euro, "ein gutes Polster", wie die Vorsitzende sagte. Der Bau der Tierauffangstation hat 804 700 Euro gekostet, 275 000 Euro davon haben die Landkreisgemeinden bezahlt, 150 000 Euro wurden als Darlehen aufgenommen, der Rest stammt aus Eigenkapital - und aus Eigenleistungen, wie Bauer berichtete. So wurde dem Haus eine gebrauchte Küche gespendet, die Inneneinrichtung der Katzenspielzimmer sowie die Errichtung der Freigehege haben Mitglieder übernommen.

Chow-Chow-Hündin Shelly. (Foto: Christian Endt)

Als Vertreter der Gemeinden bedankte sich Ebersbergs zweiter Bürgermeister Toni Ried für das Engagement des Vereins. "Sie haben Großartiges geleistet", sagte er begleitet von Nachdenklichem. So frage er sich, wie es wohl einer, der Tiere nicht beachte, mit den Menschen halte?

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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