Aus dem Amtsgericht:Teurer Tassenwurf

Lesezeit: 2 min

Sein unbeherrschtes Temperament bringt einem jungen Mann eine hohe Geldstrafe und Haft auf Bewährung ein

Von Julian Kettl, Ebersberg

"Du weißt, dass das nicht gut für dich ausgeht!" hatte die junge Frau ihren Lebensgefährten gewarnt. Kurz darauf flog eine Tasse in ihre Richtung, zersplitterte am Boden und hinterließ eine blutige Schnittwunde auf ihrem Oberschenkel. Gut ausgegangen ist es für den Tassenschmeißer dann wirklich nicht, ein halbes Jahr später sitzt er auf der Anklagebank und verteidigt sich: "Ich hab' mal Handball gespielt. Wenn ich auf sie werfen hätte wollen, hätte ich das auch geschafft".

"Er holte aus und zielte auf mich", erinnerte sich hingegen seine Lebensgefährtin, Zeugin vor Gericht und Geschädigte. Auch über den Auslöser des Tassenwurfs gab die Zeugin Auskunft, ihr Freund habe mit seinem Handy ein Date mit einer anderen Frau ausgemacht. Davon bekam jedoch seine Partnerin Wind und reagierte empört. "Ich hab ihm klargemacht, er soll sein Zeug packen und verschwinden" erklärte sie der Richterin. Es war schließlich das Haus der Zeugin, in welchem das Szenario seinen Lauf nahm.

Verschwunden ist der Angeklagte auf die Aufforderung hin jedoch nur ins Schlafzimmer, um "die Situation auskühlen zu lassen", wie er erklärte. Was aber wohl offensichtlich nicht funktionierte, denn als seine Freundin wenig später mit einer Tasse Kaffee in der Hand den Raum betrat, war er weit entfernt von einer friedlichen Lösung und immer noch empört über die vorherigen verbalen Angriffe. Es kam zum "Handgemenge", bei dem sich der Kaffee über Mann, Frau und Fernseher ergoss. "Höchstens Trinktemperatur", habe der Tasseninhalt gehabt, beteuerte der Angeklagte. "Der frische, heiße Kaffee war höchstens zwei bis drei Minuten in der Tasse", erklärte dagegen die Geschädigte. Staatsanwalt und Richterin glaubten letzteres. Der Angeklagte entschloss sich, nachdem er seine bessere Hälfte in die Ecke gedrängt, gewürgt und sie in "Panik und Atemnot" versetzt hat, die leere Kaffeetasse wieder aufzufüllen.

Als seine Lebensgefährtin ihm daraufhin erneut folgte, wich der 42-Jährige von seinem ursprünglichen Plan ab und schleuderte die leere Tasse in Richtung der Zeugin. Der Geschädigten wurde es zu viel und sie verließ gemeinsam mit ihren Kindern, die sich in einem anderen Zimmer aufhielten, ihr Haus, um zum Auto zu gelangen. Auf diesem Weg vernahm sie noch ein "Du kannst mir gar nichts, ich steh im Mietvertrag", wie sie der Richterin erklärte.

Eine Anzeige bei der Polizei zog die Zeugin später zwar wieder zurück, da Körperverletzung ein sogenanntes Offizialdelikt ist, ermittelte die Staatsanwaltschaft trotzdem. Und so sahen sich die beiden - die nach eigenen Angaben mittlerweile schon wieder einen gemeinsamen Urlaub und diverse Nächte zusammen verbracht hatten - schließlich ein halbes Jahr später vor Gericht wieder. Auf die Fragen von Richterin und Staatsanwaltschaft, wie das aktuelle Verhältnis der Beiden sei, antworteten diese einvernehmlich mit "schwer zu beschreiben" und "äußerst kompliziert".

Immerhin war die Situation dem Paar nicht unbekannt. Ein Jahr zuvor standen beide in einem ähnlichen Fall schon einmal vor Gericht, der für ihn hohe Strafzahlungen und einige Besuche beim Therapeuten nach sich zog. "Damals hat er mich wegen meiner Facebook-Likes verprügelt", schilderte die Zeugin. Auch im aktuellen Fall muss der Angeklagte tief in die Tasche greifen. Neben zehn Monaten auf Bewährung verurteilte ihn das Gericht zu einer Spende von 5000 Euro an die Suchthilfe Ebersberg.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: