Amtsgericht Ebersberg:Tätowierer soll sich mit Hakenkreuz Scherz erlaubt haben

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Ein Tätowierer bei der Arbeit (Symbolfoto). (Foto: lks)

Wegen eines verfassungsfeindlichen Tattoos muss ein 41-Jähriger eine hohe Geldstrafe zahlen.

Aus dem Gericht von Wieland Bögel, Ebersberg

Tätowierungen sind - wie so vieles - eine Geschmackssache, über die nicht zu streiten ist. Manchmal jedoch kann ein besonderer Geschmack auch richtig teuer werden. So wie nun für einen 41-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis Ebersberg.

Der trägt das Bild eines Kampfhundes auf dem rechten Unterarm, doch statt treuen Hundeblicks hat das Tierchen etwas ganz anderes im Auge: ein Hakenkreuz. Zumindest bis vor einigen Wochen, als der Mann in eine Polizeikontrolle geriet. Zwar hat er sich das faschistische Symbol inzwischen aus dem Hundeauge entfernen lassen, das Ebersberger Amtsgericht verurteilte ihn dennoch zu einer Geldstrafe in Höhe von 1950 Euro.

Dass der Mann überhaupt als Angeklagter vor Gericht stand, hat er gewissermaßen einer Verkettung unglücklicher - um nicht zu sagen dummer - Umstände zu verdanken. Verbindungen in die rechte Szene hat der 41-Jährige keine, er ist auch nie zuvor wegen radikaler oder verfassungsfeindlicher Aktionen auffällig geworden.

Wegen anderer Dinge allerdings sehr wohl: In den vergangenen 21 Jahren stand er insgesamt zwölf Mal vor Gericht, die aktuelle Verhandlung ist seine 13. Fast immer ging es dabei um Drogendelikte und zwar durchaus in erheblichem Umfang. Zehn Mal seit 1996 schickte ihn ein Gericht ins Gefängnis, wegen Handels mit Betäubungsmitteln und "bedenklichen Arzneimitteln", aber auch wegen Betrügereien und Diebstählen hat der 41-Jährige beträchtliche Zeit hinter Gittern verbracht.

Bei seinem bislang letzten Aufenthalt im Gefängnis, so schilderte es der Verteidiger, habe sein Mandant sich mal wieder von einem Knastkumpanen ein neues Tattoo stechen lassen. Dabei habe er sich vom Label einer Modefirma inspirieren lassen, welches eben besagten Kampfhund zeigt - allerdings ohne Nazisymbol. Dieses, so versicherte der Angeklagte, habe der Tätowierer ohne sein Wissen ins Auge des Hundes platziert.

Er sei nämlich beim Tätowiertwerden eingeschlafen, wohl wegen vorangegangenen Drogenkonsums. Da habe sich der andere mit dem Hakenkreuz einen schlechten Scherz erlaubt. Nach seiner Entlassung wollte er dieses auch sofort überstechen lassen, dies sei allerdings so teuer gewesen, dass er mehr als ein Jahr lang lieber mit dem Hakenkreuzauge auf dem Arm herumgelaufen sei. Meistens habe er aber lange Sachen getragen oder ein Pflaster über die Tätowierung geklebt, erzählte der Angeklagte.

Nur ausgerechnet nicht an einem Tag im vergangenen Juni. Da sei es "total heiß" gewesen, weshalb er auf überflüssige Textilien und Verbandsmaterial verzichtete. Vielleicht war die Hitze auch der Grund, warum er mit seiner damaligen Freundin an einem S-Bahnhof in Streit geriet, auf jeden Fall fiel dieser so heftig aus, dass andere Passagiere besorgt die Polizei riefen. Als diese eintraf, waren die beiden bereits in einen Zug gestiegen, wo sie ihren Streit fortsetzten. Als sie schließlich in Markt Schwaben ausstiegen, wartete dort bereits die Polizei und unterzog den Angeklagten einer ausgiebigen Leibesvisitation.

Dabei fiel den Beamten nicht nur das Hakenkreuz im Hundeauge auf, sondern auch eine Buchstabenfolge auf dem Oberarm des Mannes. "ACAB" steht dort, was die Polizisten als Beleidigung auffassten, kann die Abkürzung doch als "all cops are bastards" gelesen werden - oder als "acht Cola, acht Bier", wie der Angeklagte bei der Kontrolle behauptete. Zumindest dieser Körperschmuck bleibt für den 41-Jährigen diesmal folgenlos, eine Anzeige wegen Beleidigung wurde eingestellt.

Nicht so jedoch die Anzeige wegen "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen", wie das Herzeigen von Nazisymbolen wie dem Hakenkreuz im Juristendeutsch heißt. Die Strafen dafür können durchaus hoch ausfallen, bis zu drei Jahren Gefängnis sieht der entsprechende Paragraf vor.

Ganz so hoch wollte die Staatsanwaltschaft zwar nicht gehen, dennoch hielt es die Vertreterin der Anklage für geboten, den 41-Jährigen einzusperren. Zwar sei er geständig, und es lasse sich nicht widerlegen, dass er unwissentlich und unwillentlich zu dem Hakenkreuz auf dem Arm gekommen sei, das er auch mittlerweile habe entfernen lassen. Allerdings habe er sich damit viel Zeit gelassen, und das andere "problematische Tattoo" habe er immer noch. Die Staatsanwältin beantragte darum eine Haftstrafe von acht Monaten ohne Bewährung, auch weil sie keine günstige Sozialprognose für den Angeklagten sehe.

Die gebe es aber sehr wohl, argumentierte der Verteidiger. Der 41-Jährige nehme bislang erfolgreich an einer Drogensubstitution teil und bemühe sich auch um einen Job - was wegen seines Führungszeugnisses nicht ganz einfach sei. Eine Wiederholungsgefahr bestehe ebenfalls nicht, schließlich sei das Hakenkreuz überstochen worden. Der Advokat beantragte daher eine Geldstrafe für seinen Mandanten. Dem schloss sich das Gericht an, das Urteil lautete 130 Tagessätze zu je 15 Euro - verbunden mit einer dringenden Ermahnung der Richterin: "Das ist die letzte Chance, sollten Sie hier noch mal aufschlagen, schaut es anders aus."

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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