Ärger in Vaterstetten:Der Mann, der zu viel wissen wollte

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Gemeinderat Will-Rafael Bienheim stellt an die Verwaltung viele Fragen. Zu viele, findet der Bürgermeister - und zieht Konsequenzen.

Oliver Hollenstein

Vaterstetten - An "guten Tagen" zwischen fünf und zehn Zuschriften, das sei nun wirklich zu viel. Vaterstettens Bürgermeister Robert Niedergesäß hat die Nase voll. "Wenn das mehrere Gemeinderäte so handhaben würden, so würde das die Verwaltung lahm legen", ärgert sich der CSU-Rathauschef über Gemeinderat Will-Rafael Bienheim (FW/BWI). "Irgendwann ist Schluss! Ich habe nun verfügt, dass die Fragen nicht mehr beantwortet werden."

Bienheim, Architekt im Ruhestand, ist als aktiver und bisweilen auch widerborstiger Gemeinderat bekannt. "Ich weiß, ich bin nervig", sagt er. "Aber das ist nun mal meine demokratische Funktion." Gerade im Bauausschuss müsse er als der einzige Fachmann kritischer sein als andere. Und deswegen stelle er regelmäßig viele und ausführliche Anfragen an die Verwaltung. Zur jüngsten Sitzung waren es knapp 25 Fragen zu fünf Themengebieten.

Sie brachten das Fass nun zum Überlaufen. "Herr Bienheim übertreibt zeitweise maßlos. Das hat mit Anfragen im normalen Umfang nichts mehr zu tun", sagt Bürgermeister Niedergesäß. Dass nun gar keine Fragen mehr beantwortet werden, lässt sich streng juristisch begründen: Nur der Gemeinderat als Ganzes habe ein Auskunfts- und Kontrollrecht gegenüber der Verwaltung, nicht das einzelne Mitglied, erklärt Niedergesäß. Und damit auch nicht Will-Rafael Bienheim.

Bestätigt sieht sich der Bürgermeister in dieser Einschätzung durch ein Schreiben des Landratsamtes. Das Amt kam nach einer Beschwerde von Bienheims Kollege Manfred Schmidt (FBU) zu dem Schluss, dass für einzelne Gemeinderäte kein Anspruch auf schriftliche Beantwortung von Fragen bestehe. Zwar haben einzelne Mitglieder ein mündliches Fragerecht an den Bürgermeister - dieses könne dieser aber im Umfang einschränken. Bei ausführlichen Fragen müsse der einzelne Gemeinderat außerdem sein berechtigtes Auskunftsinteresse darlegen. Objektiv überflüssige Fragen müssten gar nicht beantwortet werden.

Gemeinderat Bienheim ärgert sich über den neuen Kurs im Rathaus. "Bis jetzt wurden meine Fragen immer entgegenkommend beantwortet", sagt er. Es sei ausdrücklich der Wunsch der Verwaltung gewesen, dass er die Anfragen vorab schriftlich einreiche. "Um die Protokollierung zu erleichtern, hieß es." Es sei daher eine Frechheit, dass ihm in der Sitzung vor einigen Wochen auch das Recht auf mündliche Anfragen entzogen worden sei.

Offenbar habe er wohl mit seinen Fragen einen wunden Punkt getroffen, mutmaßt Bienheim über die Gründe für die Reaktion der Gemeinde. Das bestreitet der Bürgermeister. "Ich kann nicht beurteilen, welche brisanten Sachverhalte Herr Bienheim da genau meint." Derzeit sehe er keine Probleme, auch wenn grundsätzlich gelte: "Wo gehobelt wird, da fallen Späne - und sicherlich passieren auch uns Fehler." Niedergesäß will damit auch in Zukunft offensiv umgehen. Und natürlich beantworte er gerne Fragen aus dem Gemeinderat. Aber derzeit müsse er die Gemeindeverwaltung und die Gemeinderäte einfach vor der Arbeitswut Einzelner schützen, um nicht den gesamten Apparat lahmzulegen.

© SZ vom 20.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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