Drinnen:Brüderliche Abenteuerreise

War es eine Pionierleistung, die viel Neues zutage brachte, oder waren es bekannte und banale Forschungsergebnisse? Heute kann man es bewerten - mit einem klaren "sowohl als auch". Und das liegt an den Zielen, die der Expedition der aus München stammenden Brüder Schlagintweit nach Indien und Zentralasien in den Jahren 1854 bis 1858 zugrunde lagen. Die Ausstellung "Über den Himalaya", die derzeit im Alpinen Museum auf der Praterinsel zu sehen ist, zeigt anhand von rund 100 Aquarellen sowie diversen Objekten, die die Schlagintweits während ihrer Reise sammelten, Hintergrund, Organisation und Durchführung dieser Expedition auf. Blicke auf das Leben der drei Brüder und die Wirkungsgeschichte ihrer Forschungen machen die Situation deutlich, in der sie sich befanden. So sahen sie sich im Auftrag des preußischen Königs der Grundlagenforschung im universalwissenschaftlichen Sinne Humboldts verpflichtet, doch sie mussten auch die Interessen ihrer britischen Auftraggeber befriedigen, denen die praktische Anwendbarkeit der Ergebnisse wichtig war. Und: Es ging auch um den eigenen Ruf. So stellten Adolph und Robert Schlagintweit mit der Erstbesteigung des Kamet (6785 Meter) einen jahrzehntelang gültigen Höhenrekord auf. Kern der Ausstellung sind die Sammlungen der Familie Schlagintweit, die diese dem Alpinen Museum vermacht haben. Und die sind umfangreich: Die drei waren ebenso Wissenschaftler wie auch Maler, Fotografen und Bergsteiger. Nicht nur Landschaftsskizzen und Gipfelpanoramen sind zu sehen, sondern auch viele andere "Mitbringsel" - Tierskelette etwa, ausgestopfte Vögel, getrocknete Pflanzen, Kleider, Waffen, Schmuck, aber auch Gipsabdrücke von Gesichtern und Händen, ein wenig ruhmreiches Beispiel für die Auswüchse des Kolonialismus.

© SZ vom 12.06.2015 / kg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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