Dixieland:Fast wie New Orleans

Lesezeit: 2 min

In Biergärten und Wirtshäusern finden Hobby-Jazzmusiker ihre Spielwiese

Im Hochglanz-Kulturbetrieb der Stadt schafft es der Jazz zumeist nur mit den internationalen Stars in der Unterfahrt und im Bayerischen Hof oder mit Gastspielen im Prinzregententheater, in der Muffathalle oder der Philharmonie ins Rampenlicht. Vergessen wird darüber gerne, dass es seit jeher auch eine vitale Szene der Nebenberufs- und Hobby-Jazzer gibt. Deren Spielwiese ist vorwiegend der traditionelle Jazz, und erleben kann man das im wesentlichen in zwei Aufbereitungsformen: bei den Dixie-Frühschoppen und -Abenden in Kneipen und Biergärten - der "Biergarten-Jazz" ist geradezu eine in München erfundene Variante des New-Orleans-Jazz - und bei Jam-Sessions.

Freilich, die Zeiten waren auch in diesem Segment schon einmal besser. Einst spielten die Dixiebands in der Waldwirtschaft Großhesselohe mit Verstärkung vor vielen tausend Gästen, bevor die Klagen der (zugezogenen) Anwohner dem fröhlichen Treiben scheibchenweise den Garaus machten. Die klassischen bayerischen Wirtshäuser sind ebenfalls seltener geworden, mit ihnen die vor allem im Umlandfrüher zahlreichen Spielorte für Jazz-Frühschoppen. In Lochham etwa wurde 50 Jahre lang erst in der "Scheune", dann in der "Einkehr" gespielt.

Die wichtigsten Oldtime-Bands allerdings gibt es nach wie vor, wenn auch teilweise in der zweiten oder dritten Musikergeneration. Allen voran die Allotria Jazzband des hauptberuflichen Mediziners Rainer Sander, die, wie der Name verrät, einst die Hausband der gleichnamigen Kneipe in der Türkenstraße und in den Achtzigerjahren dank US-Tourneen und Reisen für das Goethe-Institut geradezu ein deutscher Jazz-Botschafter war. 2019 kann die Truppe ihren 50. Geburtstag feiern, auf ein ähnliches Alter kann die Veterinary Street Jazz Band zurückblicken, bei der allerdings nur noch der Sousaphon-Spieler Stefan Frühbeis von der Urbesetzung übrig ist. Die als Studentenband in der uninahen Veterinärstraße gegründete Band kam einst in Joachim Bublaths "Knoff-Hoff-Show" zu TV-Prominenz, heute ist das Wirtshaus zum Isartal an der Ecke Brudermühl-/Schäftlarnstraße das wöchentliche Refugium für den inzwischen vom Trompeter Heinz Dauhrer geleiteten bunten Haufen von Begeisterten. Dauhrer ist auch mit seinem Wine and Roses Swing Orchestra, dem Rückgrat des jährlichen "München swingt", eine Schlüsselfigur des traditionellen Jazz in München.

Und dann sind da natürlich noch die Jam-Sessions für alle, die es sich zutrauen. In der Milla zieht seit einiger Zeit die Musikhochschule ihre eigenen durch, die für Amateure interessanteste ist wohl die des 1999 gegründeten "Jazzclubs München e.V." im Laimer Interim. Der Jazz als Hobby lebt also, wenn auch etwas im Verborgenen.

© SZ vom 17.04.2018 / oho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: