Diskussion um Tafeln:Brot ist für alle da

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Die Münchner Tafel ist offen für Bedürftige aus dem In- und Ausland. Anders als in Essen gibt es hier keine großen Konflikte

Von Sven Loerzer

Dass die Essener Tafel nach wie vor an ihrem umstrittenen Aufnahmestopp für Ausländer festhält, ist für die Münchner Tafel, die im nächsten Jahr 25 Jahre alt wird, kein Thema mehr. "Es ist alles gesagt", erklärt der Pressesprecher der Münchner Tafel, Gregor Tschung. "Bei uns gibt es keine vergleichbaren Zustände." Und darüber hinaus auch keine weiteren Stellungnahmen. Bei der Münchner Tafel spielt die Nationalität von Hilfesuchenden keine Rolle.

Mehr als 20 000 Menschen versorgt die Münchner Tafel an ihren 27 Ausgabestellen im Stadtgebiet wöchentlich mit rund 120 000 Kilogramm Lebensmitteln. 650 ehrenamtliche Mitarbeiter kümmern sich um die Ausgabe an den Ständen, die meist im Umfeld von Kirchen für einige Stunden aufgebaut werden. Etwa 50 weitere Mitarbeiter, darunter zehn festangestellte, bilden den organisatorischen Kern. Täglich sind 17 Lieferwägen unterwegs, um die von Unternehmen gespendeten Überbestände an Lebensmitteln abzuholen und dann kostenlos an Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, zu verteilen. "Zwei Drittel der von uns versorgten Menschen leben in Altersarmut oder Krankheit oder sind alleinerziehend mit Kindern", teilte die Münchner Tafel in ihrem letzten Tätigkeitsbericht mit.

Wer, wie etwa Bezieher von Hartz-IV-Leistungen oder von Grundsicherung im Alter, Gast der Münchner Tafel werden will, muss sich dazu über die Telefon-Sprechstunde der Tafel anmelden und seine Bedürftigkeit nachweisen. Von dringenden Notfällen abgesehen, landen die Anfragen meist erst einmal auf der Warteliste für die dem Wohnort nächstgelegene Ausgabestelle. Denn obwohl die Tafel ihre Tätigkeit fast Jahr für Jahr ausgeweitet hat, konnte sie mit der Nachfrage nie Schritt halten.

Dennoch gab es bislang keine Probleme wie in Essen. Der Anteil der Ausländer an den Münchner Tafelgästen entspricht in etwa dem Ausländeranteil an der Münchner Bevölkerung. Zudem verwendet die Münchner Tafel ein rollierendes Nummernsystem: Vordrängen bringt da nichts, jeder ist durch das Zahlensystem mal ganz vorne und hat dann die Chance, knappe, begehrte Lebensmittel wie etwa Ananas zu erhalten. Die Mitarbeiter achten auf eine gerechte Verteilung der gespendeten Waren je nach angemeldeter Haushaltsgröße. Das Angebot ist nicht jeden Tag gleich, und nicht von jedem Artikel ist genügend für alle da. Doch Brot, Milchprodukte, Obst und Gemüse bekommen in der Regel auch noch jene, die in der Schlange ganz weit hinten sind.

Die Münchner Tafel macht keinen Unterschied, woher ihre Gäste kommen. Wenn es zu Reibereien zwischen Wartenden kommt, schalten sich die Mitarbeiter ein, zu denen auch Flüchtlinge gehören. Für alte oder kranke Menschen gibt es sogar einen ehrenamtlichen Fahrdienst der Johanniter.

Im Internet verweist die Münchner Tafel darauf, dass schon jeder sechste Münchner als arm gilt. Ihre Aufgabe sieht sie vor allem darin, Bedürftigen Erleichterung zu verschaffen, in der politischen Diskussion bleibt sie zurückhaltend. Deutliche Worte kommen von der Kirche: "Es geht der Inneren Mission um Menschlichkeit für alle Bedürftigen, und damit ohne Unterschied auch für Flüchtlinge", sagt Kirchenrat Reiner Schübel. Falls zusätzlicher Bedarf besteht, suche man zusätzliche Unterstützung. "An dieser Grundhaltung könnten sich die Verantwortlichen der Essener Tafel ein Beispiel nehmen."

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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