Der Wiesn-Bierpreis als Politikum:Die Wirte schäumen - aber das Volk auch

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SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: hg)

Es gibt marktwirtschaftliche Zweifel am Versuch der Einmischung. Es gibt aber auch Zweifel am hohen Oktoberfest-Bierpreis an sich

"Kartellamt billigt Bierpreis-Bremse" vom 7. März und Kommentar "Jetzt tobt der Klassenkampf" vom 15. März:

Populismus

Haben denn unsere Lokalpolitiker keine anderen Sorgen als sich über den völlig unwichtigen Wiesn-Bierpreis aufzuregen. Ob nun der Wiesn-(Voll)Rausch 50, 60 oder 100 Euro kostet, ist doch den allermeisten Oktoberfestbesuchern völlig egal, und dies mit Recht. Wenn sich die Herren Politiker über andere Preiserhöhungen des notwendigen täglichen Lebens (MVV, Energiekosten, Lebensmittel, et cetera) Gedanken machen würden, könnte man wieder etwas Vertrauen in die Politik gewinnen. Aber wegen des Oktoberfest-Bierpreises das Kartellamt zu beanspruchen, ist an Populismus nicht mehr zu übertreffen. Reinhard Maximilian Kraus, München

Schritt in die richtige Richtung

Natürlich hat Herr Roiderer nicht unrecht, wenn er sagt, wir leben in der freien Marktwirtschaft. Dass diese aber in München durch aberwitzige Immobilien- und Mietpreise einen ständig wachsenden Bevölkerungsanteil zunehmend an den Rand drängt, sowohl von der Wohnlage als auch vom Finanziellen, gehört auch zu dieser Wahrheit. Wenn es eine Mietpreis-Bremse gibt, warum sollte das dann nicht bei gewissen Konsumgütern auch möglich sein? Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Warum sollen immer nur die Konsumenten den Gürtel enger schnallen? Den Wirten fällt da kein Zacken aus der Krone, es werden höchstens die Gewinne - in zumutbarer Form - gedeckelt. Nur ein Beispiel dazu: Während Wiesnwirte den Bierpreis immer weiter nach oben schrauben und Hoteliers in der Wiesnzeit teilweise das Dreifache vom Normalpreis verlangen, sind die Taxifahrer an den Tarif gebunden, welcher in dem Zeitraum nicht angehoben wird. Die Tatsache, dass sich der Wiesnbesucher im allgemeinen die Teuerung der Mass leisten kann, sollte nicht das Maß aller Dinge in diesem Politikum sein. Christian Hummel, Unterhaching

Christsozialdemokrat am Werk

Wozu staatliche Preisregulierungen führen können und welche negativen Folgen für die Bürger sich hieraus ergeben können, kann man in Geschichtsbüchern nachlesen. Staatliche Eingriffe in die Preisgestaltung von Unternehmen (hier: Bierzelte) führen fast immer in die Irre. Wirklich schlimm ist nicht der Vorschlag einer Bierpreisbremse an sich (vorschlagen kann man viel), sondern dass ein CSU-Mandatsträger, noch dazu der Oktoberfestbürgermeister, einen derartigen Vorschlag macht. Das schlägt dem (Bier-)Fass tatsächlich den Boden aus. Möglicherweise sind ihm die wirtschaftspolitischen Vorstellungen seiner eigenen Partei nicht mehr geläufig. Wenn die SPD einen derartigen Vorschlag präsentiert, kann man das ja verstehen, aber ein Mandatsträger der CSU?

Will die Stadt Einfluss auf den Bierpreis nehmen, hat sie dazu sinnvollere Möglichkeiten als die direkte Einflussnahme auf die Preise. Das hat auf dem Wohnungsmarkt nicht funktioniert und wird auf dem größten Volksfest der Welt nicht klappen. Die Stadt könnte zum Beispiel die Platzgelder der Bierzeltwirte jeweils prozentual den Bierpreiserhöhungen anpassen. Oder die Stadt könnte einen bestimmten Bierpreis als Zulassungsvoraussetzung bestimmen, was bei den Schaustellern auf der Oidn Wiesn bereits der Fall ist. Was der jeweilige Wirt verdient, sei ihm gegönnt. Davon profitiert nicht zuletzt die Stadt München (Gewerbesteuer).

Vielleicht sollte Josef Schmid bei der Hanns-Seidel-Stiftung mal wieder einen Kurs in Wirtschaftspolitik belegen oder zur SPD wechseln. Sollte er letzteres in Erwägung ziehen, wäre die Sache wieder rund. Mit den Worten des ehemaligen Parteivorsitzenden der CSU: "Irren ist menschlich, immer irren ist sozialdemokratisch." Peter Zimmermann, Passau

Werden halt die Hendl teurer

Für den Oktoberfest-Baron und Mass-Prediger Toni Roiderer ist der Eingriff von bis dato im verborgenen agierenden Mächten auf die Bierpreisgestaltung seiner Festzelt-Monopolisten eine ungeheuerliche und nie da gewesene Respektlosigkeit und hat seiner Meinung nach mit freier Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Wenn bisher jemand das nach oben offene Preisgefüge bestimmte, dann doch wohl das Kartell der Wiesn-Wirte und nicht das Kartell in irgendeinem Amt! Und schon gleich gar nicht die Rathaus-CSU, die bisher doch auch noch nie ein Problem damit hatte. Fazit: Der Sturm im Masskrug wird sich bald wieder legen - oder mit gestiegenen Hendlpreisen besänftigt. Manfred Jagoda, Ismaning

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