Der Post-Streik und die Folgen:Fax statt Brief

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Neuer Anbieter, Mails und Post per Fax: Wie die Kunden mit dem Streik der Zusteller umgehen

Protokolle: Lisa Böttinger und Florian Haenes

Der Poststreik zeigt mittlerweile auch in München Wirkung. "Wir streiken an zehn Standorten in der Stadt unbefristet, gerade kamen die Zustellstützpunkte in Schwabing und München Nord dazu", sagt Anton Hirtreiter von Verdi Bayern. Im Münchner Norden beteiligten sich 20 von 30 Mitarbeitern am Streik, in Schwabing 30 von 40 Mitarbeitern. Die Post bleibe vielerorts liegen. Wer regelmäßig Briefe bekommt, hat vermutlich einen Beamten als Zusteller - diese dürfen sich nicht am Ausstand beteiligen. Wo die Mitarbeiter als nächstes streiken, will Hirtreiter nicht verraten. Die Post solle keine Gelegenheit haben, sich vorzubereiten. Das Unternehmen wiederum beteuert, alles zu tun, um die Auswirkungen des Streiks möglichst gering zu halten. Mit unterschiedlichem Erfolg - wie Erfahrungen in München zeigen.

Konrad Sedlmeir Metzger

"Unsere Weißwürste und Leberwürste verschicken wir durch das ganze Land. Vor allem im Raum Berlin wohnen viele Kunden. Seit dem Poststreik sind wir auf einen anderen Anbieter umgestiegen, mit nur minimalem Kostenunterschied. Bei uns muss das Paket am nächsten Tag ankommen, denn die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden."

Alexandra Nagy Anwaltskanzlei Johannes Linsing

"Wir nutzen seit Beginn des Poststreiks das Fax. Im Gegensatz zur E-Mail ist das Fax mit Unterschrift rechtsgültig. Wir haben es im Arbeitsrecht und im Familienrecht oft mit kurzen Fristen zu tun. Wenn wir die verstreichen lassen, geht der Rechtsstreit im schlimmsten Fall verloren."

Ferdinand Vogel Hofpfisterei

"Wir verschicken unser Brot an Exilmünchner in der ganzen Republik, das sind im Jahr bis zu 12 000 Pakete. Trotz des Streiks verschicken wir unser Brot mit DHL. Ich habe mir einmal das Paketzentrum in München angeschaut - so viel Personal braucht man da gar nicht. Bislang haben drei Kunden unser Brot zurückgeschickt, weil es bei ihnen zu spät ankam. Diese Brote mussten dann leider in den Müll."

Christiane Nollert-Borasio Arbeitsgericht München

"Gegen eine Kündigung muss spätestens nach drei Wochen eine Klage eingereicht werden. Wenn Anwälte mit uns in Kontakt treten wollen, nutzen sie seit dem Poststreik daher immer mehr das Faxgerät. Wenn dennoch eine mit der Post verschickte Klage zu spät ankommt, muss der Kläger einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage stellen."

Bernhard Lott Siemens Bayern

"Das Bewerbungsverfahren bei Siemens läuft seit drei Jahren komplett online. Der Poststreik macht uns mit Blick auf Jobbewerbungen also gar keine Probleme."

Isolde Schwarz-Krieger Personalreferat Stadt München

"Bei der Stadt München sind Bewerbungsfristen keine Ausschlussfristen. Wenn eine Bewerbung ein paar Tage verspätet ankommt, sind wir so flexibel, dass uns der Poststreik keine Probleme bereitet. Privat ist das aber anders. Seit zehn Tagen warte ich auf die Lieferung eines Fahrrads, das ich meiner Tochter schenken möchte. Erst wenn meine Tochter das Fahrrad hat, bekomme ich von ihr mein Auto zurück."

Stefanie Ragaller Trachtenladen Almliebe

"Wir verschicken unsere Trachtenmode vor allem quer durch Bayern. Nach wie vor arbeiten wir mit DHL zusammen und haben kaum Kundenbeschwerden, dass eine Lieferung nicht ankommt. Beim letzten Streik war es schlimmer. Grundsätzlich aber gilt, dass eine Lieferung in jedem Fall ihr Ziel erreicht, wenn auch manchmal verspätet."

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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