Weichs:Mutter der Verlassenen

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Schwester Almuth aus Weichs geht bald wieder nach Albanien. Das Kinderheim, das sie leitet, ist ihr zur zweiten Heimat geworden. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Schwester Almuth vom Orden der Armen Schulschwestern in Weichs leitet seit 13 Jahren in Albanien ein Kinderheim für Mädchen und Jungen von der Straße

In wenigen Tagen endet der Urlaub der Schwester Almuth, den sie im Mutterkloster der Armen Schulschwestern in München "Am Anger" verbringt. In den zurückliegenden Wochen besuchte sie gerne ihre ehemaligen Mitschwestern und Lehrerkollegen in Weichs. Heimat - das ist für die Nonne aber inzwischen auch die Stadt Elbasan in Albanien, wo sie seit 13 Jahren für die "Albanienhilfe Kolping Weilheim" tätig ist. Für ihr Engagement zugunsten albanischer Kinder und Jugendlicher hatte die 77-Jährige Ende 2014 das Bundesverdienstkreuz erhalten. Seit fast 13 Jahren lebt Schwester Almuth nun in dem Land, dem "Armenhaus Europas".

Frühjahr 1992: Unzählige albanische Flüchtlinge versuchten, auf verrosteten Schiffen über die Adria nach Italien zu gelangen. In ihrem Land herrschte eine bittere Hungersnot. Fernsehberichte darüber bewegten Fritz Sommer zu einer Reise nach Albanien. Was er dort an Not und Elend erlebte, veranlasste den Weilheimer, mit Freunden aus der Kolpingfamilie den Arbeitskreis "Albanienhilfe" zu gründen. Die Begleiter der Hilfstransporte waren vor allem von dem Elend der vielen verlassenen und abgemagerten Kinder erschüttert. Der Arbeitskreis richtete zunächst Suppenküchen ein. Die finanzielle Unterstützung durch die BR-Aktion "Sternstunden" ermöglichte im Frühjahr 2000 den Bau eines Kinderheims für 30 Mädchen und Jungen in Elbasan, der drittgrößten Stadt Albaniens. Sommer fand die richtige Frau für die pädagogische Leitung: Schwester Almuth aus Weichs ging im Herbst 2002 nach Elbasan. Die Einrichtung besteht aus drei Häusern, in denen jeweils zehn Kinder zwischen vier und 14 Jahren von einer "Mutter" und einem Pädagogen betreut werden. Die Einrichtung ist ähnlich der SOS-Kinderdörfer organisiert. Alle schulpflichtigen Kinder besuchen die nahe gelegene Schule, an deren Renovierung die "Albanienhilfe" beteiligt war. Die Kleineren gehen in den, nach dem Gründer benannten Fritz-Sommer-Kindergarten mit drei Gruppen von jeweils 25 bis 30 Kindern. "Wir wollen den Mädchen und Jungen, die oft eine schwere Hypothek aus ihrer frühen Kindheit mitbringen, Geborgenheit und Gemeinschaft schenken", erklärte Schwester Almuth im Gespräch mit der SZ. "Dabei versuchen wir auch, christlich-humane Werte zu vermitteln und Verantwortungsgefühl zu wecken."

Schwester Almuth lernte die schwierige Sprache: "Mit den Kindern und Mitarbeitern kann ich mich inzwischen für den Hausgebrauch ganz gut auf Albanisch unterhalten", sagt Schwester Almuth, die seit 57 Jahren dem Orden der Armen Schulschwestern angehört. Für Arztbesuche der Kinder, Behördengespräche und Dokumentationen steht ihr ein albanischer Erzieher zur Seite, der sehr gut Deutsch spricht. Unterstützt wird sie auch von der jüngeren Schwester Slavka aus Slowenien.

Da in Albanien Jugendliche mit dem 14. Lebensjahr die Kinderheime verlassen müssen, droht ihnen wieder ein Leben auf der Straße. Der Arbeitskreis und der Orden haben deshalb 2006 ein neues Hilfsprojekt initiiert. Für Mädchen und junge Frauen wurde auf dem Areal ein Berufsbildungszentrum und das Wohnheim "Antonia" erbaut. Hier können sie einen Schulabschluss machen und Kurse für Hotel- und Gastgewerbe oder im kaufmännischen Bereich belegen.

Bevor Schwester Almuth nach Albanien berufen wurde, war sie zehn Jahre lang als Religionslehrerin an der damaligen Mädchenrealschule und im angegliederten Internat in Weichs tätig. "Weichs ist ein richtiger Goldpunkt für unsere Einrichtung", sagt sie. "Die ganze Gemeinde weiß, dass jemand vor Ort ist, der die Spenden gut verwenden kann." Nahezu alle Einnahmen aus dem Weichser Pfarrfest, dem Martinstag und Christkindlmarkt kommen dem albanischen Hilfsprojekt zugute. Schwester Almuth wünscht sich nur eines: "Dass alles so weitergeht wie bisher." Denn noch in diesem Jahr werden sich die Armen Schulschwestern wegen Personalmangels aus dem Albanien-Projekt zurückziehen. Die Nachfolge tritt ein kroatischer Orden mit Schwestern albanischer Herkunft an.

Wer die "Albanienhilfe Weilheim" unterstützen will, kann auf das Konto Nr. 25361, BLZ 703 510 30 spenden. Weitere Infos unter www.Albanienhilfe-Weilheim.de

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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