Tierschutzpolitik:Das Lügenlied vom Ehrenamt

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Die Politik preist bei jeder Gelegenheit das freiwillige Engagement von Bürgern - nur die Tierschützer werden ignoriert

Von Helmut Zeller

Die Kommunalpolitiker wissen es nur zu gut: Ohne die ehrenamtliche Arbeit der Bürger, egal in welchem Bereich, geht nichts mehr. Nicht nur auf das klassische Ehrenamt in Feuerwehr, Wasserwacht oder Rotem Kreuz sind die Gemeinden angewiesen. Das aktuelle Beispiel: Ohne die vielen Helferkreise könnte der Landkreis Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge nicht einmal annähernd gewährleisten. Landrat Löwl hat deshalb ein Koordinationszentrum bürgerschaftlichen Engagements eingerichtet. Einzelne Gemeinden suchen nach Anreizen, um das freiwillige Engagement zu fördern - denn gerade junge Menschen sind nicht so auf den Dienst an der Allgemeinheit erpicht.

Dafür wird der Bürger jetzt umschmeichelt. Aber nicht jeder. Der Einsatz der Tierschützer wird in manchen Kommunen ignoriert - und das ist nun völlig unverständlich, weil gerade auch der Tierschutzverein Dachau ihnen hilft, immense Kosten zu sparen. Die Versorgung von Fundtieren, deren Zahl im Landkreis wächst, ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Dennoch verweigern einige Bürgermeister - etwa in Schwabhausen, Erdweg, Tandern-Hilgertshausen - eine Erhöhung der Fundtierpauschale auf 1,50 Euro pro Einwohner. Die Pauschale von einem Euro wurde seit 2008 nicht mehr erhöht, trotz steigender Ausgaben des Tierheims, das eine wachsende Zahl kranker Tiere aufnehmen muss.

Es geht nicht darum, ob man Tiere mag oder nicht, sondern um eine einfache Rechnung. Den Kommunen entstünde, wenn es keinen Tierschutzverein gäbe, ein Vielfaches an Kosten. Von 2001 bis 2014 hat der Verein eine Unterdeckung von mehr als zwei Millionen Euro. Entweder können die Verweigerer nicht rechnen, oder sie pfeifen schlicht auf den Tierschutz und - in diesem Fall - das Ehrenamt. Aber dann pfeifen sie letztlich auf eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Wäre das nicht ein interessanter Fall für die Rechtsaufsichtsbehörde im Landratsamt? Aber wen kümmert's? Bürgermeister und Gemeinderäte diffamieren sogar das freiwillige Engagement der Tierschützer mit jährlich ungefähr 60 000 Stunden unbezahlter Arbeit. Sie müssen sich für ihr Ehrenamt auch noch beschimpfen lassen. Bei der Feuerwehr etwa würden Kommunalpolitiker sich tunlichst hüten, derart besserwisserisch und vorurteilshaft aufzutreten - da singen sie lieber das Lügenlied vom Ehrenamt.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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