Pfaffenhofen an der Glonn:Im Zwiespalt

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Das Votum des Gemeinderats Pfaffenhofen gegen eine Zukunft mit Odelzhausen ist zwar eindeutig. Aber einige Mandatsträger hätten die alte Verwaltungsgemeinschaft gemeinsam mit Sulzemoos gerne beibehalten. Die Unterschriften für einen Bürgerentscheid sind gültig

Von Robert Stocker, Pfaffenhofen an der Glonn

Ruhig und friedlich liegt das Pfaffenhofener Rathaus mit seinem Walmdach in der Nachmittagssonne. Das historische und vor einigen Jahren renovierte Gebäude steht im Ortsteil Egenburg neben der Kirche. In einem Anbau betreiben zwei Allgemeinmediziner eine Gemeinschaftspraxis, im Rathaus selbst sind neben dem Sitzungssaal das Pfarrbüro und ein Gemeinschaftsraum untergebracht. Im Rathaus herrscht völlige Ruhe. Hier arbeiten keine Angestellten; die Verwaltung ist in Odelzhausen ausgelagert. In diesem Rathaus gibt es keinen Parteiverkehr. Ein kleines Schild am Eingang weist auf die Geschäftszeiten der Verwaltungsgemeinschaft Odelzhausen hin, der Pfaffenhofen angehört. Wenn Bürger einen neuen Personalausweis brauchen, müssen sie nach Odelzhausen fahren. Doch das könnte sich ändern.

In einem Schaukasten vor dem Rathaus kündigt eine öffentliche Bekanntmachung die Sondersitzung des Gemeinderats am Donnerstagabend an. Auf der Tagesordnung steht nur ein Punkt: "Beratung und Beschlussfassung über die weitere Zusammenarbeit in der Verwaltungsgemeinschaft Odelzhausen", ist auf dem Schreiben der Gemeinde zu lesen. Was sich eher wie nüchterne Routine anhört, könnte ein Wendepunkt in der Geschichte Pfaffenhofens werden: An diesem Abend beschließt der Gemeinderat, aus der Verwaltungsgemeinschaft Odelzhausen auszutreten und eine eigene Verwaltung im Rathaus Egenburg aufzubauen. Dazu ist aber eine Genehmigung von höchster Stelle nötig. In dem Beschluss beauftragt der Gemeinderat den Bürgermeister, eine entsprechende Petition an den Landtag und einen Antrag an das Innenministerium zu richten. Pfaffenhofen will die Verwaltungsgemeinschaft zum 30. April 2017 verlassen.

Zwischen den Mitgliedsgemeinden - Odelzhausen auf der einen Seite sowie Pfaffenhofen und Sulzemoos andererseits - tobt seit Monaten ein heftiger Streit. Markus Trinkl (parteifrei), neuer Bürgermeister von Odelzhausen, sieht seine Gemeinde benachteiligt, welche die größte ist. Er fordert mehr Mitsprache in der Gemeinschaftsversammlung. Ein Vermittlungsversuch von Landrat Stefan Löwl (CSU) scheiterte. Wenig später beschloss der Sulzemooser Gemeinderat unter Bürgermeister Gerhard Hainzinger (CSU), aus der Verwaltungsgemeinschaft auszutreten. Sein Pfaffenhofener Kollege Helmut Zech (CSU) will aber die Verwaltungsgemeinschaft mit Odelzhausen als alleinigem Partner nicht weiter betreiben. Zu groß sind die Unstimmigkeiten zwischen den Bürgermeistern, zu viele Streitigkeiten gab es zwischen den Gemeinden in der Vergangenheit. Vor einer Woche kündigte Zech auf einer Bürgerversammlung im Ortsteil Unterumbach an, dass auch Pfaffenhofen die Verwaltungsgemeinschaft verlassen und eigenständig werden will. Genau das beschließt der Gemeinderat in seiner Sondersitzung.

Schon auf der Bürgerversammlung melden sich dazu kritische Stimmen. Er könne nicht verstehen, dass die Bürger durch den Aufbau einer eigenen Verwaltung finanziell belastet werden sollen, "nur weil sich die drei Bürgermeister nicht verstehen", sagt ein ehemaliger Gemeinderat. In der Sondersitzung listet Zech die Vorteile einer eigenen Verwaltung und die vielen Nachteile einer Verwaltungsgemeinschaft mit Odelzhausen auf. Alle Gemeinderäte sind auf seiner Seite. Einige machen in ihren Wortmeldungen deutlich, dass sie sich den Fortbestand der Verwaltungsgemeinschaft in ihrer bisherigen Form gewünschen. Wenn aber Sulzemoos die Gemeinschaft verlässt, sehen sie keine Alternative zur Selbstständigkeit.

"Die Gebietsreform sollte bewusst kleine Gemeinden stärken", sagt Klaus Reindl von der Allgemeinen Wählergemeinschaft (AWG). "Eine Verwaltungsgemeinschaft ist nur dann sinnvoll, wenn eine kleine Gemeinde wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist. Pfaffenhofen ist aber stark genug, um eine eigenständige Gemeinde zu sein." Harald Mang (AWG) hält eine eigene Verwaltung für unabdingbar: "Mehr Bürgernähe gibt es nicht." "Die Verwaltungsgemeinschaft mit Odelzhausen und Sulzemoos war für mich immer die optimale Lösung", betont CSU-Gemeinderat Michael Lampl. "Jetzt aber gibt es sie nicht mehr, und für uns gibt es keine Alternative zur Selbstständigkeit." Andreas Riedlberger, CSU, verweist darauf, dass die Kosten für eine eigene Verwaltung nicht höher als die Umlage für die Verwaltungsgemeinschaft sind. Und kleinere Einheiten arbeiteten meist effektiver. Die Eigenständigkeit dient dem Wohl der Gemeinde, betont AWG-Gemeinderat Manfred Wolf. "Und jeder Bürger hätte einen Nachteil, wenn wir uns nicht für das Wohl der Gemeinde entscheiden."

"Eigenständig können wir unser Wachstum besser steuern", sagt Bürgermeister Zech, der zudem darauf verweist, dass Odelzhausen durch viele Entscheidungen die Entwicklung Pfaffenhofens nicht gefördert habe. In diesem Zusammenhang nennt er mehrere Umgehungsstraßen, eine gemeinsame Kläranlage oder die Brücke bei Dietenhausen. Der Gemeinderat befürchtet, dass Pfaffenhofen in einer Verwaltungsgemeinschaft mit Odelzhausen kein Partner auf Augenhöhe, sondern nur noch "Kleinstpartner" ist. Außerdem rechnet Zech damit, dass das Verwaltungsgebäude in Odelzhausen erweitert werden muss. Auf Pfaffenhofen kämen deshalb deutlich höhere und unkalkulierbare Mietkosten zu. Der Aufbau einer eigenen Verwaltung verursacht laut Kalkulation der Gemeinde Mehrkosten von etwa 40 000 Euro - Investitionskosten für das Rathaus nicht miteinberechnet. Sechs Mitarbeiter sind für die Verwaltung vorgesehen. Insgesamt, kalkuliert die Gemeinde, sind die Mehrkosten nur um ein Prozent höher als die Umlage für die Verwaltungsgemeinschaft. Und die werde von 2016 an auf 140 Euro pro Einwohner angehoben. Auch als eigenständige Gemeinde sei Pfaffenhofen leistungsfähig und könne wirtschaftlich arbeiten.

Viele Bürger in Pfaffenhofen sehen das anders, wie ein Rundgang durch die Gemeinde zeigt. Der Besitzer einer Pension ist überzeugt davon, dass die überwiegende Mehrheit gegen einen Austritt ist. "Die Bürgermeister sollen sich wieder zusammenraufen, persönliche Animositäten zurückstellen und einen Neuanfang machen", empfiehlt er. Eine eigene Verwaltung sei auf keinen Fall billiger. "Das wird absolut teurer, das geht gar nicht anders." Schon jetzt sei die Gemeinde grandios verschuldet, "obwohl wir weltweit die höchsten Abwasserpreise haben". Auch ein Landwirt aus Oberumbach, der mit seinem Traktor vor dem Raiffeisen-Lagerhaus steht, befürchtet durch den Austritt höhere Kosten. "Nur, weil die Bürgermeister nicht miteinander können." Ein älterer Herr, der mit seinem Sohn einen neuen Zaun vor dem Wohnhaus baut, ist ebenfalls ein entschiedener Gegner des Austritts. "Die drei Kasperlköpfe sollen sich vertragen", bringt er seine Meinung drastisch auf den Punkt. "Die Bürger müssen's wieder zahlen", assistiert sein Sohn.

Die Kritiker des geplanten Austritts aus der Verwaltungsgemeinschaft organisieren indessen ein Bürgerbegehren. In der Sondersitzung zeigen auch einige Gemeinderäte Sympathie dafür. "Ich habe Respekt vor dem Bürgerbegehren", sagt beispielsweise Stefan Berglmeir von der CSU. Bis Donnerstagabend werden exakt 332 Unterschriften gesammelt. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens, Susanne Vedova und Frank Schmidtgen, sind mit dem Ergebnis nach einer knappen Woche durchaus zufrieden.

Doch die Formulierung müsse noch etwas präziser werden, bemängelt Klaus Laumbacher, Leiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt. Unruhe kam auch deshalb auf, weil zwei junge Mädchen Unterschriften sammelten. "Wenn einige ihre Unterschrift deshalb zurückziehen wollen, ist das völlig in Ordnung", sagt Susanne Vedova. "Es wäre aber ein fatales Signal, wenn alle Unterschriften dadurch ungültig wären."

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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