Neuer Jugendreferent:"Dinge hinterfragen und querdenken"

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Kommuniziert auf Augenhöhe mit den Jugendlichen: Enrico Halbauer, Diakon und Jugendreferent. (Foto: privat)

Enrico Halbauer, neuer Jugendreferent der evangelischen Kirche Dachau, bietet jungen Menschen Orientierung. Der Diakon hilft ihnen dabei, den eigenen Weg zu finden

Interview von Thomas Altvater

SZ: Herr Halbauer, wieso sind Sie der Richtige für die Aufgabe des Jugendreferenten der evangelischen Kirche in Dachau?

Enrico Halbauer: Zu allererst freue ich mich natürlich auf das, was mich in der nächsten Zeit erwartet. Ich habe mich als Jugendlicher bereits viele Jahre ehrenamtlich engagiert. Danach habe ich als Selbstständiger im Bereich des Eventmanagements gearbeitet und zuletzt Diakonik in Rummelsberg studiert. Die Erfahrungen, die ich bisher machen durfte, werden mir in meiner Arbeit als Jugendreferent auf jeden Fall helfen.

Wie sieht Ihre Arbeit aus?

Meine Arbeit ist sehr zeitintensiv und vielseitig. Man könnte sagen, ich bin Grafikdesigner, Buchhalter, Pädagoge und Theologe. Ich führe drei Jugendkassen und schreibe für drei Gemeindebriefe. Kurz gesagt: Jeder Tag ist anders. Ich erledige das, was die Ehrenamtlichen nicht so gerne machen und versuche, ihnen so gut wie möglich den Rücken freizuhalten. Ein Großteil meiner Arbeit entfällt tatsächlich auf Bürotätigkeiten, nur ein kleiner Teil besteht aus Aktionen mit den Jugendlichen. Deshalb muss ich leider vieles zurückschrauben und den Fokus auf Termine legen, wo mit den Jugendlichen diskutiert, geplant und gestaltet wird.

Warum ist das so?

Die Stelle des Jugendreferenten war einmal eine Vollzeitstelle, nur für die Friedenskirche. Allerdings gab es Stellenkürzungen und jetzt betreue ich insgesamt vier Gemeinden. Deshalb ist für mich die entscheidende Frage, wie Jugendarbeit im Zuge dieser Stellenkürzungen gedacht werden kann. Meine Vorgängerin hat bereits damit begonnen, erste Strukturen anzulegen. Meiner Meinung nach ist das aber ausbaufähig.

Woran arbeiten Sie konkret?

Im Pro-Dekanat München-Nord bin ich sozusagen ein Minidekanat. Das heißt, ich kann Angebote der Evangelischen Jugend München weiterleiten, aber auch selbst Aktionen und Fortbildungen organisieren. Im Moment plane ich ein sogenanntes Regio-Startup-Wochenende. Dort können die Jugendlichen Workshops besuchen und neue Ideen und Impulse für die Jugendarbeit in den Gemeinden entwickeln. Das soll identitätsstiftend sein. Ein Bewusstsein dafür, dass es uns als Evangelische Jugend in Dachau und Landkreis gibt. Es geht darum, sich zu vernetzen, um Erfahrungen auszutauschen. So wird jeder junge Ehrenamtliche befähigt und bestärkt, in der eigenen Gemeinde Angebote zu stricken, denn jede Gemeinde hat mit ihren individuellen Sozialräumen unterschiedliche Bedürfnisse.

Welche Werte, glauben Sie, kann die kirchliche Jugendarbeit vermitteln? Vielleicht auch im Gegensatz zur Schule.

Die Jugendlichen sollen die Dinge hinterfragen und querdenken, auf das Innere hören, was man selbst sein möchte. Das funktioniert über die Person, die ich den Jugendlichen anbiete. Ich kann nur über meine Erfahrungen erzählen, das kann den jungen Leuten gut tun. Sie brauchen eine Person, die klar Meinung bezieht und diese auch ausspricht. Viele der Jugendlichen wissen noch nicht, wo sie einmal hinwollen. Sie sind oft orientierungslos. Da können ihnen meinungsstarke Personen weiterhelfen.

Was können die Jugendlichen in der evangelischen Jugendarbeit lernen?

Allgemein gesagt, geht es vor allem um das Rollenbewusstsein in einer Gruppe. Die Jugendlichen können bei uns zum Beispiel lernen, wie man für 50 Leute kocht oder wie man eine Diskussion moderiert. Sie sollen sich ausprobieren können, ohne Druck. Und das können die jungen Menschen fast nirgendwo anders. Aber es geht auch um Wertebildung, Identitätsfindung, Meinungsbildung durch Diskussionen und Themenabende. Und das Wichtigste ist, dass jeder bei uns willkommen ist. Auch konfessionslose oder muslimische Jugendliche kommen zu uns.

Haben Sie auch schon erste Erfahrungen gemacht, wie die Jugendlichen das oder Sie aufnehmen?

Es gab schon viel positives Feedback. Ich versuche immer auf Augenhöhe mit den Jugendlichen und eigentlich jedem Menschen zu kommunizieren. Prinzipiell sind wir per "Du" und man kann mich auch per WhatsApp erreichen. Über dieses Medium wird viel in unserer Jugendarbeit kommuniziert. Das ist schnell und sehr niederschwellig. Für die Jugendlichen bin ich nicht der Herr Halbauer sondern einfach nur der "Rico".

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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