Mitten in Karlsfeld:Hauptsache, es wird ein Event

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Ostern ist auch nicht mehr, was es mal war. Alles muss größer, schicker - kurz für die Wirtschaft lohnenswerter werden. Nun macht sogar ein Bäcker ein Event aus seinem Geschäft

Kolumne von Walter Gierlich

Beim Bummel durch Geschäftsstraßen und entlang von Restaurantfassaden fällt auf, dass Ostern längst auf demselben ausgetretenen Konsumpfad daherkommt wie Weihnachten: Geschenke und Klamotten passend zum Anlass, Menüs mit Lamm oder anderen Osterspezialitäten. Mit dem ursprünglichen Sinn des Festes - der Auferstehung des hingerichteten Christus - hat das alles wenig zu tun. Es mag vielleicht daran liegen, dass viele kaum noch Näheres von den Ursprüngen der kirchlichen Feiertage wissen. Soviel, nebenbei gesagt, zur christlich-jüdischen Tradition, die unsere Kultur angeblich geprägt hat.

Aber klar: Warum soll es dem Osterfest anders ergehen als allen anderen Anlässen, an denen etwas gefeiert wird. Sie arten in kommerzielle Veranstaltungen aus. Eltern müssen an jedem Kindergeburtstag tief in die Tasche greifen - nicht nur, wenn sie selbst Gastgeber sind, sondern auch wenn ihre Sprösslinge eingeladen sind und dazu ein gebührendes Gastgeschenk gefunden werden muss. Schulabschlussfeiern können mittlerweile fast mit der Oscarverleihung oder wenigstens mit der Vergabe des Bayerischen Filmpreises konkurrieren. Und Abiturbälle heutzutage sind mitnichten eine beschwingte Sause, weil man endlich den Lernstress hinter sich gelassen hat. Sie ähneln von Jahr zu Jahr mehr dem, was man früher einen Debütantenball genannt hat - glitzernde Abendroben und Maßanzüge oder Smokings inklusive.

Natürlich besucht man vor solchen Festivitäten unbedingt den Beautysalon (früher hieß das Kosmetikerin) oder das Hair Styling Atelier (vulgo Friseur). Und so erstaunt es keineswegs, wenn man in Karlsfeld einem Lieferwagen begegnet, der die Waren einer "Event-Konditorei" ausfährt. Da fragt man sich nur, was in dem Fall das Event ist: der Vorgang des Backens oder das Ereignis, für das Kuchen und Torten geliefert werden?

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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