Mitten in der Region:Achtung, fliegende Ohren

Jetzt ist klar, warum die Nachtfalter kleine Lauscher haben. Vielleicht hören sie sogar bei abendlichen Terrassengesprächen mit

Kolumne von CAROLIN FRIES

Die wirklich interessanten Dinge lassen sich häufig in Nebensätzen finden. So auch die Information, dass Nachtfalter Ohren haben. Sie hätten diese in der Evolution zum Schutz vor Fledermäusen entwickelt, heißt es in der Meldung einer Nachrichtenagentur. Also nicht, um dem Menschen in ungezählten lauen Abendstunden auf Balkonen und Terrassen zuzuhören. Jedenfalls nicht nur. Wie mögen diese winzigen Öhrchen dieser doch eher schmucklosen Tierchen bloß aussehen? Sie müssen, davon ist auszugehen, jedenfalls sehr, sehr klein sein. Doch sie werden wachsen, davon ist auch auszugehen. Denn zuletzt hat sich der Feind, die Mopsfledermaus, eine "akustische Tarnkappe" verpasst, wie es in der Meldung weiter heißt.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie haben das bei Experimenten herausgefunden. Die Mopsfledermaus - auch nicht gerade eine Augenweide - werde auf ihrem Beutezug leiser und leiser, wenn sie sich dem Nachtfalter nähere. Dieser bliebe ahnungslos, heißt es. Man kann das der Evolution anrechnen, vielleicht hat es sich aber auch erst jetzt bis zur Mopsfledermaus herumgesprochen, dass das Anschleichen eine seit Jahrhunderten sehr, sehr erfolgreiche Jagdmethode ist und laute Echorufe selbst den kleinsten, ohrenlosen Nachtfalter aufschrecken.

Die leise Jagd jedenfalls ist ein geschickter Konter der Fledermaus, die wiederum den Nachfalter in Zugzwang bringt. Was soll er sich denn nun, nachdem ihm die Schöpfung Ohren geschenkt hat, als nächstes wünschen, um sein flatterhaftes Leben zu retten? Man kann es nur ahnen. Und sollte sich deshalb nicht wundern, wenn im Sommer auf der Terrasse künftig kleine Ohren mit ein bisschen Falter daran herumschwirren. Anpassung ist eben alles.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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