Mitten in Dachau:Täglich grüßen Hans und Franz

Das sind nicht die Eisheiligen. Es handelt sich um Herren, die Autos kaufen wollen - und ihre Kärtchen an die Fahrertüre klemmen

Von CLAUDIA KOESTLER

Sie sind wieder da: Hans, Franz, Stefan und Martin und wie sie nicht alle heißen. Nein, es sind nicht die Eisheiligen, auch wenn es der Blick aus dem morgendlichen Fenster nahelegen könnte. Es handelt sich vielmehr um Herren, die Autos kaufen wollen. Das tun sie tagein, tagaus mit kleinen, weißen, gedruckten Kärtchen mit Namen und Telefonnummer kund, die sie in die Fahrertüre klemmen.

Die schiere Menge an Kärtchen, mit der Hans, Franz und Konsorten jeden Tag aufs Neue hinter dem Auto der Autorin her sind, lassen die Sorgen wachsen: Offenbar erweckt man den Eindruck, dass man sich besser von seinem fahrbaren Untersatz trennen sollte. Zugegeben, der Lack ist ab, an manchen Stellen zumindest. Die Felgen sind von rostigen Sprenkeln durchsetzt, das Sitzleder wirft Falten, und die Stoßstange hat Cellulitis. Aber deshalb auseinander gehen? Kommt nicht in Frage.

Wie also lässt sich vermitteln, dass man nicht täglich Angebote auflesen will? Vorwärtsverteidigung mit einem Hinweisschild "Bitte das Fahrzeug nebenan erwerben" oder "Finger weg, unverkäuflich"? Oder besser weitersammeln und die Kärtchen als Notizzettelchen recyceln, damit die Bäume nicht umsonst gestorben sind? Vielleicht sollte man die Herren doch kontaktieren. Um ein für allemal etwas zu klären. Was das Auto für sie interessant macht, ist der gleiche Grund, warum es unverkäuflich ist: Es fährt nämlich noch. Die dazu nötigen Telefonnummern jedenfalls liefern Hans und Franz ja stets mit.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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