Mitten in Dachau:Mehr Bier fürs Kinderfest

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Die Stadt Passau säuft gerade in einer demokratischen Debatte um den Umgang mit Brauchtum ab. Das kann Dachau nicht passieren: Im Stadtrat weiß man Tradition und Demokratie auseinander zu halten

Von Viktoria Großmann

Die Stadt Passau versinkt gerade einmal nicht in den Fluten ihrer drei Flüsse, dafür watet sie mindestens hüfttief in einer Debatte um Brauchtum, Sexismus und Gender-Mainstreaming. Im Kern geht es um die Frage, ob Fensterln frauenfeindlich ist. Beim Versuch, die Entstehung dieser Diskussion nachzuvollziehen, kann man nur ins Schwimmen kommen. Sie ist, in Kürze, demokratisch und wo es demokratisch zugeht, dauert alles lang.

Nicht so in Dachau. Hier weiß man zwischen Demokratie und Brauchtum, sprich Volksfest, zu trennen. Irgendwo zwischen Traditionsverbundenheit, Sparsamkeit und Gesundheitsbewusstsein bewegte sich in dieser Woche eine Debatte im Haupt- und Finanzausschuss. Anlass war ein Antrag des Vereins Kinderfestzug, der die Stadt für seinen diesjährigen Einzug auf dem Dachauer Volksfest um 900 Biermarken, statt wie bisher nur 750 bittet. "Das ist eine Erhöhung um 150 Mass Bier!", rechnete SPD-Stadtrat Sören Schneider flugs aus und erklärte kategorisch: "Dem kann ich mich nicht anschließen." Bürgermeister Kai Kühnel (Bündnis) fragte misstrauisch: "Wofür?" Wo doch die Zahl der 1500 Limomarken nicht erhöht werden solle. CSU-Fraktionsvorsitzender Dominik Härtl hatte für die kleinlichen Bedenken ein großzügiges Lächeln und eine Erklärung parat. Erstens sei der Antrag maßvoll, zweitens brauche jede Achse im Zug zwei erwachsene Begleitpersonen, denen wiederum Aufwandsentschädigung in Bier zugesprochen werde. Jedes Mal, erklärte Härtl, gebe es im Stadtrat eine Diskussion um diesen Punkt - angeführt von jenen, "die das nicht mitmachen". Will sagen: gar keine Ahnung haben.

Ahnung von Gesundheit haben aber die Grünen und vor allem von Prävention, Jugend- und sonstigem Schutz. Weshalb Grünen-Stadträtin Luise Krispenz versuchte, die Themen Vorbildwirkung und Autofahren in die Debatte einfließen zu lassen. Da rief Christine Unzeitig (CSU) in den Alten Sitzungssaal: "Jetzt stimmen wir ab." Und das taten sie. Mit einer Gegenstimme bekommt der Verein Kinderfestzug in diesem Jahr insgesamt 4000 Euro zusätzlich. Ein bisschen mehr Dachauer Diskussionskultur in der Dreiflüssestadt und Passau wür- de zumindest in Brauchtumsdebatten nicht so schnell wieder absaufen.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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