Mitten in Dachau:Das richtige Maß für den Spaß

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Das Volksfest wurde früher für die Anwohner zur Qual. Auch schallschutzsichere Fenster retteten sie nicht vor dem Lärm. Jetzt ist alles gut

Von Gregor Schiegl

Kein Wunder, dass die Wittelsbacher ihre Sommerresidenz auf den Altstadtberg gesetzt haben. Die Sommer in Dachau sind herrlich. Es gibt viel Grün in der Stadt, viele hübsche Bäche, und was man in einer mittelgroßen Kleinstadt auch nicht unterschätzen sollte: Es ist richtig was los. Jedes Jahr verwandelt sich die Altstadt zu einer fantastischen Musikbühne, und am Fuße des Altstadtbergs findet das Dachauer Volksfest statt, eine große Sause mit Bier, Blasmusik, Trachten und immer mehr Gästen aus dem Ausland. Selbstverständlich ist das nicht: Erst vor drei Jahren musste der Organisator des Dachauer Stadtstrands das Handtuch werfen, weil Anwohner mit einer Klage drohten, wenn dort nach 21.30 Uhr noch ausgeschenkt wird.

Als Volksfest-Anwohner ist man Schlimmeres gewohnt. Vor einigen Jahren konnte man in zweiter Reihe um 23 Uhr im Badezimmer mit geschlossenem doppelverglasten Fenster mühelos noch die Texte der Lieder vom Franziskanerzelt mitsingen. In Dauerschleife. "Das ist Wahnsinn! Warum schickst du mich in die Hölle?" Ein Volksfest ist auch organisierter Exzess, ist Ausnahmezustand. Wer nicht in einer langweiligen Schlafstadt wohnen will, in der um Punkt 22 Uhr der Gehweg hochgeklappt wird, muss das hinnehmen. Aber es geht immer um das richtige Maß zwischen Spaß und akustischer Hirnerweichung.

In den vergangenen Jahren wurde die Lautstärke am Volksfest deutlich heruntergedreht, das ist jedenfalls der subjektive Eindruck, und man hat nicht das Gefühl, die Besucher würden sich nun weniger amüsieren. Auch beim "Dachauer Musiksommer" achtet die Stadt gewissenhaft darauf, wie viel sie den Anliegern zumuten kann. Das Beispiel Stadtstrand hat gezeigt, wie schnell die Lichter ausgehen können, wenn Juristen auf den Plan treten und Paragrafen sprechen. Dann doch lieber nach dem urbayerischen Prinzip "Leben und leben lassen" verfahren. Beim Volksfest 2016, das kann man jetzt schon sagen, ist das bestens gelungen.

Am Montag ist mit dem schönen Wahnsinn erst mal Schluss, dann beginnt in der Dachau wieder der Herbst, still wird es dann, trüb und fad. Also bitte, jetzt zum Endspurt noch mal richtig feiern.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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